Mit schonenden OP-Methoden
Neue minimalinvasive Methoden im Diakonissenkrankenhaus Dresden
Die Klinik für Viszeralchirurgie/Proktologie am Diakonissenkrankenhaus Dresden strebt noch in diesem Jahr die Zertifizierung als Kompetenzzentrum für minimalinvasive Chirurgie der Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) an. Die Klinik positioniert sich aber auch als Haus mit erstklassiger technischer Ausstattung. So wurde in ein Kamerasystem investiert, das Bildgebung in 4K-Auflösung ermöglicht. Auch das AirSeal-System, das dem Operateur beim Eingriff eine konstante Drucksituation im Bauch und dadurch jederzeit freie Sicht garantiert, gehört dazu. Im Gespräch mit dem Top Gesundheitsforum Dresden/Ostsachsen erklärt Chefarzt und Ärztlicher Direktor Dr. Thorsten Jacobi, warum die minimalinvasiven Methoden in der Viszeralchirurgie inzwischen unerlässlich sind.
Welchen Stellenwert haben die minimalinvasiven Methoden in Ihrem Fachbereich?
Dr. Thorsten Jacobi: Der Gynäkologe Kurt Semm entfernte bereits 1980 erstmals einen Blinddarm mit minimalinvasiven Methoden. 1987 wurde die erste Gallenblasenentfernung mit der Technik durchgeführt, die sich Anfang der neunziger Jahre zum Standard bei einer solchen Erkrankung entwickelt hat. Auch wenn es immer schon Pioniere gab, die sich früh in dieser Technik übten, ist erst in den letzten zehn Jahren eine zunehmende Ausbreitung auch anderer laparoskopischer Operationen zu verzeichnen. Entscheidend für die verstärkte Fokussierung waren wegweisende Forschungsprojekte wie die Color-II-Studie, die minimalinvasive und offene Operationsverfahren miteinander verglich: Nebenwirkungen und Operationserfolg weichen nicht signifikant voneinander ab.
Was sind Vor- und Nachteile, wenn man beide Methoden miteinander vergleicht?
Bei einer offenen Operation kann man das Organ viel besser positionieren. Zudem kann der Operateur das Organ ertasten, was wichtige Aufschlüsse über die Beschaffenheit des Organs geben kann. Minimalinvasive Methoden eignen sich dagegen sehr gut bei Erkrankungen von Organen, die sehr weit in der Tiefe liegen. Man braucht beispielsweise bei der Refluxerkrankung keinen großen Schnitt mehr. Der große Vorteil für die Patienten ist natürlich, dass der Zugangsweg der Operation viel kleiner ist und dadurch kaum Narben übrigbleiben. Operationstraumata sind geringer und die Patienten erholen sich auch schneller. Zudem ist die Dauer der Operationen inzwischen gleich, wenn nicht sogar kürzer bei der minimalinvasiven Methode.
In welchen Etappen hat sich die minimalinvasive Chirurgie am Diakonissenkrankenhaus Dresden entwickelt?
Wir sind zunächst dazu übergegangen, gutartige Erkrankungen minimalinvasiv zu behandeln. Seit ungefähr sieben Jahren setzen wir auch bei bösartige Erkrankungen wie Dickdarm- oder Enddarmtumoren minimalinvasive Operationstechniken ein. 2017 operieren wir circa die Hälfte der Tumoroperationen laparoskopisch. Wir sind inzwischen soweit, dass wir minimalinvasiv besser und genauer arbeiten können.
Welche komplexeren Operationen eignen sich neben den Tumor-OPs für die minimalinvasiven Methoden?
Die Operation am Bauchspeicheldrüsenschwanz bei unklaren, häufig zystischen Neubildungen ist dafür ein gutes Beispiel. Die überwiegende Anzahl dieser Eingriffe wird minimalinvasiv durchgeführt. Ein weiteres gutes Beispiel sind Eingriffe bei Leistenbrüchen, bei denen diese Methode in 90 Prozent der Fälle in unserem Hause zum Einsatz kommt. Die Patienten schätzen besonders die kurze Erholungszeit, die Schmerzarmut und das Fehlen von größeren Wunden.
Warum haben sie sich für die Investition in einen Monitor mit 4K-Technologie entschieden?
Man kann generell sagen, dass die minimalinvasive Chirurgie erheblich von den höheren Auflösungsmöglichkeiten profitiert, die seit ungefähr drei Jahren für operationsunterstützende Kameras existieren. Das betrifft einerseits die 3D-Modelle, die vor allem für den Nachwuchs interessant sind. Normalerweise orientiert sich der Arzt beim Operieren in der Tiefendimension, die bei laparoskopischen Eingriffen eine wichtige Rolle spielt, ausschließlich an seiner Erfahrung. Mit der leistungsfähigen 3D-Technik ist die Lernkurve heute viel steiler. Unsere Ärzte verfügen aber bereits über diese Expertise. Auch deshalb haben wir uns für die Anschaffung des 4k-Kamerasystems entschieden, weil wir mit einer Auflösung von 4096 × 2160 Pixeln nicht nur ein gestochen scharfes Bild, sondern auch eine bessere Tiefenschärfe bekommen. Zudem ist die Datenverarbeitungs- und weiterleitung über dieses Systems sehr überzeugend. Wir haben beide Systeme mehrfach getestet.
Zum Standard bei den laparoskopischen Operationen gehört der Vorgang, bei dem der Bauchraum mit CO² aufgepumpt wird. Warum macht man das und gibt es hier Innovationen?
Durch diese Maßnahme wird das Operationsfeld erweitert, sodass das Operationsteam im Inneren des Bauches ein freies Sichtfeld und Bewegungsfreiheit hat. Das Gas wird über ein Ventil im Standardinstrument der minimalinvasiven Chirurgie, dem sogenannten Trokar, zugeführt. Beim Wechseln der Instrumente oder wenn Blutungen abgesaugt werden, entweicht das Gas. Im schlimmsten Fall fällt das OP-Feld zusammen, was vor allem bei komplexen Operationen problematisch ist. Um diesen Fall vorzubeugen, haben wir am Diakonissenkrankenhaus das AirSeal-System etabliert. Dieses Trokarsystem funktioniert ganz ohne Ventil, indem permanent CO² aus- und einströmt. Dadurch gibt es eine konstante Drucksituation im Bauch, was dem Operateur jederzeit freie Sicht garantiert.
Sie haben gerade die Zertifizierung als Kompetenzzentrum für minimalinvasive Chirurgie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie beantragt. Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Initiative Erfolg hat?
Sehr zuversichtlich. Die minimalinvasive Chirurgie ist ein wichtiges Standbein im Leistungsspektrum des Diakonissenkrankenhauses, und wir erfüllen die Kriterien, die für die Zertifizierung nötig sind. So ist eine bestimmte Anzahl an OPs notwendig, wobei Standardeingriffe wie Gallenblasen- oder Hernien-Operationen genauso dazugehören wie die komplexeren Operationen, etwa Leber- oder Darmeingriffe. Wir müssen die Ergebnisse öffentlich darlegen und natürlich ist eine entsprechende Qualifikation unserer Operateure erforderlich. Zudem sind die Ärzte zur ständigen Weiterbildung verpflichtet.
Diakonissen Anstalt Dresden
Diakonissen Krankenhaus
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Text: Philipp Demankowski