Wenn das Kind „besonders“ ist

Foto: Sabine Dittrich
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Sozialpädiatrisches Zentrum betreut Kinder mit Entwicklungsstörungen umfassend.

Mit einem Baby ist das Glück perfekt, so die allgemeine Vorstellung. Doch was, wenn das Kind sich nicht normal entwickelt, Schwie­rig­­keiten beim Sprechen hat, motorische Stö­rungen zeigt oder gar an epileptischen Anfäl­len leidet? „Zu akzeptieren, dass das eigene Kind Hilfe braucht, ist für viele Eltern kein leichter Schritt“, weiß Ariane Rositzka. Die Diplom-Medizinerin leitet das Sozialpädia­trische Zentrum (SPZ) und die Frühförderstelle des Elblandklinikums in Riesa.

Die Diplommedizinerin Ariane Rositzka leitet das Sozialpädia­trische Zentrum (SPZ) und die Frühförderstelle des Elblandklinikums in Riesa / Foto: Sabine Dittrich

Ein offenes Ohr für Sorgen und Nöte

Sozialpädiatrische Zentren sind ambulante Einrichtungen für Diagnostik und Therapie, an denen Ärzte und Therapeuten zusammenarbeiten, um Kinder und Jugendliche mit Entwicklungs­be­son­derheiten zu betreuen. In Sachsen gibt es acht solcher Zentren; in das SPZ in Riesa kommen pro Jahr rund 3000 Kinder aus der gesamten Region einschließlich Südbrandenburg. Entstanden ist das Zentrum aus den Spezialsprechstunden, in denen zu DDR-Zeiten Eltern ihre Kinder bei Asthma, Epilepsie oder anderen selteneren Krankheiten vorstellen konnten. Die Kinder werden heute in der Regel vom Kinderarzt ins SPZ überwiesen, bei einem Folge­termin reicht auch die Überweisung eines Allgemeinmediziners. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Beim ersten Termin, der rund zwei Stunden dauert, können Eltern in einem ausführ­lichen Gespräch ihre Sorgen und Probleme loswerden. Danach wird entschieden, ob weitere Diagnosen nötig sind oder welche Therapie geeignet ist Dabei haben sich die Krankheitsbilder in den letzten Jahren geändert: Essstörungen, ADHS und Fälle von Schulverweigerung nehmen laut Ariane Rositzka zu.

Aktive Mitarbeit der Eltern

„Wir arbeiten sowohl mit Fachärzten wie Orthopäden, Neurologen und natürlich Kinderärzten zusammen als auch mit Psychologen sowie Sprach-, Physio- und Ergotherapeuten“, erklärt Ariane Rositzka. „Aber auch Sozialarbeiter gehören zum Team. Sie unterstützen die Eltern zum Beispiel beim Beantragen von Pflegegeld.“ Insgesamt arbeiten 21 Mitarbeiter im SPZ in Riesa. Die Therapie-Einheiten finden einmal in der Woche statt und dauern jeweils eine Stunde. Wenn es erforderlich ist, vermittelt das SPZ auch Thera­peuten in der Nähe des Wohnorts. Doch die beste Therapie nützt wenig, wenn das familiäre Umfeld nicht stimmt, betont Ariane Rositzka. „Die Eltern müssen aktiv mitarbeiten, sonst werden sich keine Erfolge einstellen“, sagt sie. „Der größte Teil der Förderung liegt zu Hause. Entscheidend ist die Zeit, die Eltern mit ihren Kindern bewusst gemeinsam verbringen.“ Um das zu gewährleisten, kommen die Mitarbeiter der Heilpädagogischen Frühförder­stelle, die an das SPZ in Riesa angeschlossen ist und Kinder von der Geburt bis zur Einschulung betreut, auch zu den Familien nach Hause. „Wir wollen den Kindern das Gefühl vermitteln, dass sie gut und wichtig sind, und sie positiv motivieren.“

Das eigene Schicksal annehmen

Manchmal brauchen aber auch die Eltern selbst therapeutische Hilfe, vor allem dann, wenn sich bei ihrem Kind keine Erfolge einstellen wollen. „Wenn wir Kindern nicht helfen können, dann unterstützen wir die Eltern, diese Situation anzunehmen und damit umzugehen“, sagt Ariane Rositzka. Doch zum Glück überwiegen die Erfolge. „Wir bekommen viel positives Feedback von Eltern und Kindern“, freut sie sich. „Es ist immer wieder schön, wenn wir zum Beispiel erleben, wie Frühchen laufen und sprechen lernen. Ich erinnere mich immer wieder gern an einen Jungen zurück, der anfangs auf einer Sprachheilschule war und später aufs Gymnasium ging.“ Wenn sich herausstellt, dass das Kind eine noch intensivere Behandlung braucht, dann gibt es weitere Möglich­kei­ten. So können die Kinder eine Zeitlang auch stationär aufgenommen werden, z.B. in einer Tagesklinik, wo sie kinder- und jugend­psychiatrisch behandelt werden. Der Aufent­halt kann bis zu drei Monate dauern. Auch Tagesgruppen des Jugend­amtes sind eine Alternative. Die Kinder und Jugend­lichen haben am Vormittag Schule und werden anschließend bei den Haus­aufgaben unterstützt. Denn wichtig für die positive Ent­wick­lung sind vor allem feste Strukturen.

Strahlende Kinderaugen als Motivation

Es sind die kleinen und großen Erfolge, die die Kinderärztin und ihre Mit­arbei­ter immer wieder aufs Neue motivieren. „Wir begleiten viele Familien mit ihren Lebensgeschichten und Schicksalen. Die Arbeit ist schön, wenn wir sehen, wie sich die Kinder weiterentwickeln. Ihre Augen strahlen und die der Eltern auch“, freut sich die Leiterin.

ELBLANDKLINIKUM Riesa
Sozialpädiatrischen Zentrum und Frühförderstelle
Weinbergstraße 8, 01589 Riesa,
Tel 03525 75 51 00
www.elblandkliniken.de

Text: Ute Nitzsche

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