Keine Angst vor KI

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Die Zukunft ist jetzt: Künstliche Intelligenz wird am Universitätsklinikum Dresden bereits an vielen Stellen im medizinischen Alltag angewendet. Wie KI in den Projekten von morgen wirkt, ließ sich Elisa Ferreira, die EU-Kommissarin für Kohäsion und Reformen, vor Ort zeigen.

Noch vor ein paar Jahren war ein solch vielseitiger Einsatz kaum denkbar. Dass Künstliche Intelligenz (KI) aber längst keine Zukunfts­tech­nologie mehr ist, sondern bereits jetzt an vielen Stellen im medizinischen Alltag stattfindet, zeigt sich eindrucksvoll in verschiedenen Pro­jekten des Universitäts­klinikums. Die Techno­lo­gien werden eingesetzt, um Diag­nos­tik, Behand­lung und Pflege zu verbessern und die Effizienz im Gesundheitswesen generell zu steigern. Hinzu kommt das Po­tenzial zur Kosteneinsparung nach einer tiefgreifenden Trans­formation der Klinikinfrastruktur, die an vielen Stellen bereits angestoßen wurde. Unbestritten ist, dass KI-Techniken in vielen Fachbereichen am Universitätsklinikum Dresden bereits implementiert wurden, was zu besseren Ergebnissen bei der Behandlung der Patientinnen und Patienten führt. Einige dieser Anwendungen wollen wir hier vorstellen.

KI in der Mammographie
Eines der herausragendsten Beispiele ist Transpara, eine KI-basierte Software, die bei der Mammographie eingesetzt wird. Diese Technologie hilft Radiologinnen und Radiologen dabei, Brustkrebs schneller und präziser zu erkennen, indem die Software Mammographie-Bilder analysiert. Dadurch werden potenziell krebsverdächtige Bereiche identifiziert, die dann von den Radiologinnen und Radiologen überprüft werden. Diese Unterstützung führt zu einer höheren Genauig­keit und schnelleren Diagnosen, was entscheidend für die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Brustkrebs ist. „Transpara stellt Radiologinnen und Radiologen ein zweites Paar Augen zur Ver­fügung“, erklärt Prof. Ralf-Thorsten Hoffmann, Leiter am Institut und Poliklinik für Diag­nostische und Inter­ven­tio­nelle Radiologie. „Damit wird die Lesegenauig­keit in der Mam­mographie weiter verbessert.“ In Zeiten des immer gravierender werdenden Fach­kräftemangels spart die Technik zudem Zeit und damit auch personelle Ressourcen. Sie ist allerdings kein Ersatz für den prüfenden Blick nach dem Vier-Augen-Prinzip, sondern eher als Ergänzung zu verstehen.

Vorhersage von Krankheitsverläufen bei Magersucht
Das Zentrum für Essstörungen an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie nutzt KI, um den Krank­heitsverlauf bei Patientinnen und Patienten mit Mager­sucht vorherzusagen. Durch die Analyse von medizinischen Daten und psychologischen Informationen kann die Software den voraussichtlichen Krankheitsverlauf besser einschätzen. Diese Vorhersagen ermöglichen eine effektivere Behandlung, indem sie präventive Maßnahmen ermöglichen. „Wir können Therapieverläufe und -anwendungen individuell auf die Patientin oder den Patienten anpassen“, sagt Zentrums­leiter Prof. Stefan Ehrlich. Entscheidend für die Anpassung sind bestimmte MRT-Daten zu strukturellen Veränderungen des Gehirns. Diese haben zudem das Poten­zial, wirksame Nach­behandlungsstrategien für Menschen zu entwickeln, die mit Magersucht kämpfen.

Ganzkörperscanner zur Hautkrebsdiagnose
In der Dermatologie wird KI bereits im Zusammenhang mit einem Ganzkörperscanner eingesetzt, der zur Hautkrebs­diagnose genutzt wird. Dieses System ermöglicht auf 3-D-Basis eine umfassende Untersuchung der gesamten Haut und identifiziert potenziell gefährliche Hautverände­rungen. Die KI analysiert die gescannten Bilder und hebt verdächtige Be­reiche hervor, die dann von Dermatologinnen und Derma­tologen weiter untersucht werden. Dabei vergleicht die Soft­ware frühere mit späteren Aufnahmen und gleicht sie mit Bildern aus der Datenbank ab, auf denen Me­la­nome identifiziert wurden. Die Dermatologin­nen und Dermatologen be­kommen eine Art Wah­r­schein­lichkeitswert, den sie bei der Therapie­entschei­dung in Betracht ziehen. Auch hier gilt, dass der Ganzkörper­scanner kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zu den konventionellen Hautchecks ist.

Der Ganzkörperscanner im Hintergrund erfasst kleinste Hautveränderungen und gleicht diese mit vorherigen Bildern ab. Den gewissenhaften Blick der Medizinerinnen und Mediziner ersetzt dies nicht. / © UKD/Kirsten Lassig

Vorort-Besuch von EU-Kommissarin Ferreira
Dass die Nutzung von KI in der Medizin keine Einbahnstraße ist, sondern für viele Länder nutzbar gemacht werden sollte, machte Elisa Ferreira, die am 4. Juni sowohl das Univer­sitäts­klinikum Dresden als auch das Else Kröner Fresenius Zen­trum für Digitale Gesundheit (EKFZ) besichtigte, deutlich. Die EU-Kommissarin für Kohäsion und Reformen informierte sich gemeinsam mit dem sächsischen Wirtschaftsminister Martin Dulig über Projekte, die aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert werden. Vorgestellt wurden drei Projekte, die zum BMBF-Zukunftscluster SEMECO (Secure Medical Microsystems and Communications) gehören.

v.l.: Martin Dulig (Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr), Elisa Ferreira (EU-Kommissarin für Kohäsion und Reformen) und Frank Ohi (Kaufmännischer Vorstand Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden) / © UKD/Kirsten Lassig

Fortschritte in der Ultraschalltechnologie
Das HybridEcho-Projekt zielt darauf ab, medizinische Ultra­schalltechnologie grundlegend zu verbessern. Durch den Ein­satz neuer mikroelektromechanischer Komponenten und KI-gesteuerter Bildgebungsverfahren liegt der Vorteil dabei insbesondere darin, dass die Bildqualität signifikant erhöht wird. Diese Verbesserungen führen zu präziseren Diagnosen und er­weiterten Anwendungsmöglichkeiten in der medizinischen Bildgebung. Das Projekt zeigt, wie KI und innovative Tech­no­logien zusammenkommen, um bestehende Verfahren zu revolutionieren und die Diagnosemöglichkeiten zu erweitern.

Unterstützung in der Krebs-Diagnostik
Das Start-up Cancilico hat als Ausgründung der Technischen Universität Dresden die MyeloAID-Software entwickelt, die mithilfe von KI die Klas­si­fizierung und Zählung von Zellen in Knochen­mark­proben automatisiert. Diese Technologie verbessert die Genauigkeit und Effizienz der hämatologischen Diag­nostik erheblich.

KI für die Krebschirurgie – KI-basierte Assistenzsysteme unterstützen Chirurginnen und Chirurgen und senken das Risiko für Komplikationen bei Tumor-Operationen./ © UKD/André Wirsig

Künstliche Stimme mit natürlichem Klang
Schließlich wurde das MUSIK-Projekt (Multi-sensorische nicht-invasive Stimmprothetik mittels KI) vorgestellt, eine innovative Technologie, die Menschen, die ihre Stimme verloren haben, eine natürliche Sprechfähigkeit zurückgibt. Mithilfe von Sen­soren, die stille Sprachbewegungen erkennen, und neuronalen Netzwerken, die diese Signale in hörbare Sprache um­wandeln, können Patientinnen und Patienten wieder kommunizieren. Die nicht-invasive Technologie bietet eine lebensverändernde Lösung für Menschen nach Kehl­kopf­operationen oder anderen körperlichen Veränderungen, die den Verlust der Stimme verursachen.

Redaktion: Philipp Demankowski

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