Mit dem Beta-Strahler gegen Lebertumore

Foto: Universitätsklinikum Dresden/Christoph Reichelt
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Bereits seit mehreren Jahren wenden Radiologen und Nuklearmediziner bei Patienten mit Leberkrebs die sogenannte „Selektive Interne Radio-Therapie“ (SIRT) an. Mit dem neuen Betastrahler Holmium-166 können Tumore nun noch zielgerichteter und höher dosiert bestrahlt werden.

Schon länger gehört die sogenannte Chemoembolisation zum Therapiebaukasten bei Leberkrebs. Dabei bringt ein Ärzteteam minimal-invasiv unter radiologischer Kontrolle sogenannte Mikrosphären ins Tumorgewebe ein. Das sind feinste Kügelchen mit einem Durchmesser von 20 bis 30 Mikro­metern – was etwa der drei- bis vierfachen Größe von Blut­plättchen entspricht. Die winzigen Sphären werden über einen Katheter direkt in die Arterien des betroffenen Organs eingeschleust und verschließen so die Blutgefäße des Tumors. In Kombination mit dem Chemotherapeutikum lässt sich das Wachstum der Krebszellen in vielen Fällen wirksam bremsen. Um gezielt das bösartig veränderte Gewebe zu erreichen, gehen die Mediziner gezielt vor: „Wir nutzen die duale Gefäß­ver­sorgung der Leber. Metastasen werden meist über die Arterien versorgt, während das gesunde Gewebe über die Pfortader versorgt wird“, erklärt Prof. Ralf-Thorsten Hoffmann, Direktor des Instituts für Diag­nostische und Interventionelle Radiologie am Universitäts­klinikum Carl Gustav Carus Dresden.

Über die Arterie eingeführte Therapeutika erreichen da­durch sehr hohe Wirkungsgrade bei den betroffenen Krebs­zellen, ohne dass gesundes Gewebe geschädigt wird. Bei der „Selek­ti­ven Internen Radio-Therapie“ (SIRT) setzen die Experten nicht mehr auf ein Chemotherapeutikum, sondern auf einen Beta-Strahler, der an die Mikrosphären gekoppelt ist. Damit verstopfen die Sphären die kleineren Blutgefäße der Leber­tumore oder Metastasen und geben dabei eine sehr geringe und doch sehr wirksame Strahlendosis ab.

Prof. Ralf-Thorsten Hoffmann, Direktor des Instituts für Diag­nostische und Interventionelle Radiologie am Universitäts­klinikum Carl Gustav Carus Dresden / Foto: Universitätsklinikum Dresden/Christoph Reichelt

Präzise Bestrahlung
Seit anderthalb Jahren nutzen die Radiologen und Nuklear­mediziner in Dresden im Rahmen der SIRT nicht mehr nur den Beta-Strahler Yttrium-90, sondern verstärkt das neu eingeführte Isotop Holmium-166, um das erkrankte Gewebe zu bestrahlen. Der Vorteil besteht darin, dass Holmium-166 im Kern­spin­tomographen sichtbar ist. „Das ist gewissermaßen eine Er­folgs­kontrolle“, sagt Prof. Hoffmann. Schon im Vorfeld wird über eine zugeführte Testsubstanz an der Katheterposition, an der später auch therapiert wird, der Verlaufsweg der Thera­peu­tika im Blutstrom simuliert. Das ist wichtig, denn der Beta-Strahler darf auf keinen Fall in andere Organregionen gelangen, da dadurch massive Nebenwirkungen ausgelöst werden können. Zudem ist die Testsubstanz in Dichte und Beschaffenheit identisch zur Therapiesubstanz Holmium-166, während sich die Experten bei Yttrium-90 mit einer in Dichte und Größe nur ähnlichen Substanz behelfen müssen.

Von der Verwendung der neuen Testsubstanz versprechen sich die Ärzte eine genauere Berechnung der benötigten Dosis des Therapeutikums. Voraussetzung für die Behandlung ist allerdings, dass der Patient noch über eine ausreichende Funktion der Leber verfügt. Zudem wird das Verfahren nur bei Krebspatienten angewendet, deren Tumor nicht mehr operabel oder anderweitig therapierbar ist.

Zusammenarbeit der Radiologen mit Nuklearmedizinern
Unerlässlich für die Selektive Interne Radio-Therapie ist das enge Zusammenspiel der Radiologen mit den Experten der Klinik für Nuklearmedizin – eine Kooperation, die im Dresdner Uniklini­kum seit vielen Jahren Alltag ist. Dies war auch ein wesentlicher Grund dafür, dass hier der weltweit erste Krebs­patient außerhalb von Studien mit Holmium-166 radioaktiv beladenen Kügelchen in der klinischen Routine behandelt wurde.

Die SIRT ist jedoch nur eine der vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie angewandten minimal-invasiven und interventionellen Methoden: „Die Zeiten, in denen die Radiologie eine rein diagnostische Fachdisziplin war, sind längst vorbei“, sagt Prof. Hoffmann. „Durch die enge Kooperation mit den anderen Fachbereichen am Uniklinikum und auch mit ex­ternen Häusern sind wir in Dresden in der Lage, innovative Therapien schnell zu etablieren.“

Text: Philipp Demankowski

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