Beim Kampf gegen den Krebs spielt Dresden in der ersten Liga
Dank enormer Fortschritte in der Krebsforschung und -therapie lassen sich Tumorerkrankungen heute in vielen Fällen heilen. Dresden mit seiner Hochschulmedizin und als Standort des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen spielt bei der Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen in der ersten Liga.
Trotz aller Fortschritte aber lässt sich nicht leugnen: Krebserkrankungen sind auf dem Vormarsch. Deutschlandweit erkranken heute pro Jahr rund 500.000 Menschen neu an Krebs, wobei die demographische Entwicklung der Tendenz natürlich Vorschub leistet. Je älter die Menschen werden, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung und umso schlechter sind die Heilungschancen. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts starben im Jahr 2015 hierzulande rund 225.500 Menschen an der Krankheit. Forscher gehen davon aus, dass bösartige Tumoren in zehn bis 15 Jahren die Gruppe der Herz-Kreislauf-Krankheiten als häufigste Todesursache ablösen werden. Im selben Maße wie die Krankheit voranschreitet, wächst aber auch das Rüstzeug, mit dem die Mediziner diese Krankheit bekämpfen können. Zudem gilt für alle Krebserkrankungen, dass die Heilungschancen umso besser sind, je früher der Tumor erkannt wird. Eine aussagekräftige und leistungsstarke Diagnostik ist also genauso wichtig wie ein gut gefüllter Therapiebaukasten. Auch auf diesem Feld wurden in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt.
Kooperation ist Trumpf
Um Innovationen in der Krebsmedizin vorantreiben und zeitnah in die Patientenversorgung einführen zu können, ist die Zusammenarbeit aller Spezialisten über Fächer- und Institutionengrenzen hinweg erfolgsentscheidend. Diese wird in Dresden beispielhaft umgesetzt. In fächerübergreifenden Konferenzen, so genannten Tumorboards, etwa erstellen Ärzte des Universitätsklinikums und weitere Spezialisten aller relevanten Fachgebiete einen individuellen Therapieplan für jeden Krebspatienten. Ärzte, Forscher und Patienten profitieren darüber hinaus von institutionenübergreifenden Strukturen, die auf einer engen Verzahnung verschiedener, auch nichtmedizinischer Akteure basieren. So ist Dresden seit 2015 der deutschlandweit zweite Standort des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen. Im Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) bündeln das Universitätsklinikum Dresden, die Medizinische Fakultät der TU Dresden, das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ihre Ressourcen. Ärzte und Wissenschaftler arbeiten gemeinsam am Ziel, innovative Diagnostik und Therapien zu entwickeln und Fortschritte möglichst schnell den Patienten zu Gute kommen zu lassen. Am NCT/UCC Dresden werden jährlich rund 9.000 Tumorpatienten behandelt. Auch im OncoRay, dem nationalen Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie, forschen Hochschulmedizin und HZDR gemeinsam zum Wohl der Patienten.
Translation für die Krebsmedizin der Zukunft
Dabei lautet das Zauberwort Translation. Denn es ist eine Sache, innovative Therapien im Labor zu entwickeln. Eine andere ist es, die Therapien möglichst schnell den Patienten zur Verfügung zu stellen. Das effiziente Überführen von der Forschung in die Krankenversorgung – Translation genannt – nimmt deshalb einen großen Stellenwert in Dresden ein. Dazu gehört auch, dass die klinischen Befunde in neue Hypothesen, neue Therapieideen übersetzt werden. Die Krebsmedizin der Zukunft entsteht aus diesem Zusammenspiel. Die Bedeutung, die das Thema in Dresden hat, wird schon dadurch deutlich, dass am NCT/UCC rund 250 klinische Studien laufen, die Patienten Zugang zu innovativen Therapien eröffnen.
Maßgeschneiderte Behandlungen
Einhelliger Konsens in der modernen Krebsmedizin ist es zudem, dass sich Tumorerkrankungen besonders effektiv mit individuell zugeschnittenen, „personalisierten“ Therapien behandeln lassen. Denn es gibt nicht nur hunderte unterschiedliche Krebserkrankungen, die sich gegeneinander abgrenzen lassen. Jede dieser Tumorarten kann sich zudem von Patient zu Patient unterscheiden und im Verlauf der Erkrankung weiter verändern. Maßgeschneiderte Krebstherapien sind also notwendig für optimale Ergebnisse. Voraussetzung dafür sind wiederum diagnostische Methoden wie die molekular-genetische Untersuchung von Tumorgewebe oder Blut. Gesucht werden spezifische biologische Merkmale von Tumoren, die im Idealfall Aufschluss darüber geben, wo sich die Tumorzellen mit zielgerichteten Therapien angreifen lassen.
Hochkarätige Erweiterungen geplant
Trotz der hervorragenden Voraussetzungen in Dresden ist längst noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht: Im Frühjahr 2019 wurde bekanntgegeben, dass die Dresdner Hochschulmedizin Fördermittel in Höhe von 40 Millionen Euro von der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) zum Aufbau eines Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Digitale Gesundheit erhält. Der Antrag, der von Vertretern des Universitätsklinikums sowie der Fakultäten Medizin, Elektrotechnik, Informationstechnik und Informatik der TU Dresden ausgearbeitet wurde, setzte sich gegen Bewerbungen von insgesamt 27 hochschulmedizinischen Institutionen durch. Dieses neue Zentrum ist nicht die einzige neue Institution, durch die sich Dresden zu einer Top-Adresse auf dem Gebiet der digitalen Medizin entwickelt. So kündigte das DKFZ Anfang August an, in Dresden die deutschlandweit erste Außenstelle aufzubauen. Hier wird künftig an Zukunftstechnologien gearbeitet, die mittels smarter Sensoren und künstlicher Intelligenz Prävention und Therapie von Krebserkrankungen verbessern. Hierzu wird auf dem Onkologischen Campus der Hochschulmedizin Dresden ein eigenes Gebäude errichtet.
NCT-Neubau mit OP-Saal der Zukunft
Bereits weitestgehend fertiggestellt ist dagegen der NCT-Neubau. Das Domizil, das Medizinern und Wissenschaftlern eine einzigartige Forschungsplattform bietet, geht im kommenden Jahr in Betrieb. Herzstück des Hauses, das direkt an das Portalgebäude (Haus 31) anschließt, ist der digital voll vernetzte, sogenannte „Operationssaal der Zukunft“. Hier werden neue Möglichkeiten computer- und robotergestützter OP-Assistenzsysteme entwickelt und unter realen Bedingungen erprobt. Der Experimental-OP liefert Wissenschaftlern künftig wichtige Daten zur Weiterentwicklung der Technologien. Zudem beherbergt der Neubau verschiedene Laboratorien, separate Bereiche für Patientenstudien sowie Räume für medikamentöse Behandlungen und Strahlentherapie.
Text: Philipp Demankowski