Highend-OP: Tupfer, Skalpell und Computer

Blick in einen der Highend-Operationssäle am Uniklinikum Dresden / Foto: Universitätsklinikum Dresden/Thomas Albrecht
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Matthias Eimer, Senior Manager Marketing Healthcare IT / Digital OR bei der Firma Brainlab, spricht über die sechs Highend-Operationssäle in der Uniklinik Dresden, über hohe Auflösungen und die Sicherheit der Patienten-Daten.

Nur noch Skalpell und Tupfer reichen nicht mehr. Herr Eimer, wie wichtig ist heutzutage die Integration von IT in einen Operations­saal?

Matthias Eimer: Zum Glück haben wir im­mer noch die althergebrachten Instru­men­te wie Tupfer und Skalpell, die auch benötigt werden. Die neuartige Technik ist wie ein zusätzliches Instrument, mit dem der Arzt das Skalpell noch präziser und minimal­invasiv einsetzen kann. Basis dafür sind Daten, die wir zusammenführen, aufbereiten und je nach Bedarf zur Verfügung stellen. Wenn man früher in ein Krankenhaus ging, füllte man einen Aufnahmebogen aus und viele Formulare. Die Röntgenbilder trug man in einem Umschlag immer mit sich herum. Mittlerweile haben sich die Kran­ken­häuser digitalisiert. Wir können mit der Technik sehr entscheidend die Qualität der Behandlungen zum Wohle des Patienten verbessern und erleichtern die Arbeit für die medizinischen Fachkräfte.

Matthias Eimer, Senior Manager Marketing Health­care IT / Digital OR bei der Firma Brainlab / Foto: © Brainlab

Welche Herausforderungen gab es für Dresden und wie wurden diese bewältigt?

Die Aufgabenstellung für diese sechs High­end-Operationssäle verlangte Systeme auf höchstem technischen Niveau. So arbeiten wir beispielsweise zu 100 Prozent mit einer 4K-Videostruktur. Im Privatbereich ist das mit der Auflösung einer Spiegelreflexkamera vergleichbar. Verschie­dene Streamingdienste bieten ihre Filme und Serien in Full HD an. Die in Dresden eingebaute Technik hat eine vier Mal so hohe Auflösung. Damit ist es möglich, dass live Vide­o­sig­nale in allerhöchster Qualität gezeigt werden können. Egal, ob bei einem Mikroskop oder einem Endoskop: Alle Bilder sind gestochen scharf, man erkennt jedes kleinste Pixel. Damit ist das Uniklinikum Dresden auch für zukünftige Geräte und Systeme bestens gerüstet.

Wie stellt man sich skalierbares Video-Routing vor?

Jede Operation erfordert eine bestimmte Verschaltung von verschiedenen Daten. Nicht nur die Anzahl der Hardware im Operationssaal nimmt immer mehr zu, sondern auch die der Software-Lösungen. Über unser System schaffen wir eine zentrale Schnittstelle, über die verschiedenste Patientendaten und -bilder angezeigt und kontrolliert werden können. Das bedeutet unter anderem: Das System merkt sich beispielsweise das optimale Setup im OP bei einer Gallenblasen-OP und schlägt beim nächsten identischen Eingriff dieses Setup wieder vor.

Das System lernt also bei jeder Operation?

Ja, das kann man so sagen. Es merkt sich nicht die Vorlieben eines jeden Operateurs, sondern jene Details, die für diesen speziellen Eingriff wichtig sind. Damit erreichen wir eine hohe Standardisierung und noch mehr Professionalität.

Wenn alles so sehr auf dieser Technik basiert: Jeder kennt es von zuhause, dass sich der Computer mal aufhängt, der Drucker klemmt, die Sicherung raus knallt, das Internet nicht geht. Können die Operationen zu Ende geführt werden, wenn dieser sehr unwahrscheinliche Fall eintritt, dass gar nichts mehr funktioniert?

Ja, natürlich. Das war auch ein sehr wichtiger Teil der Ausschreibung und der Umsetzung. Es gibt mehrere Backup-Optionen, die im Falle eines Ausfalls greifen. Das bedeutet: Fällt ein Teil aus, übernimmt ein anderes. Die Ope­ration kann dann mit einem Bildschirm ganz normal zu Ende geführt werden.

Persönliche Daten und deren Missbrauch sind ein viel diskutiertes Thema: Wie werden also die gewonnenen Bilder, Aufzeichnungen, Diagnosen geschützt?

Es gibt die kritischen Schnittstellen, wie die Steuerung des Lichts innerhalb der Operationssäle oder des OP-Tisches, die nicht offen, sondern vollkommen abgeschirmt und damit sicher sind. Bei den generellen IT-Schnittstellen setzen wir auf die bewährten Mechanismen, unter anderem auf Verschlüsselung. Jeder Hersteller muss sich an die DIN 60601 halten, in der die wesentlichen Punkte dafür klar geregelt sind. Zudem hat jede Klinik ein übergreifendes Sicherheitskonzept.

Im vierten Quartal 2018 werden die von Ihnen mit entwickelten OP-Säle in Betrieb gehen. Wie lange haben Sie daran geplant?

Der erste Austausch fand Ende 2016 statt. Damit haben wir so ziemlich genau die durchschnittliche Dauer von zwei Jahren erreicht. Das Projektteam in Dresden hat außergewöhnlich professionell gearbeitet. Wir hatten es dort mit Kollegen zu tun, die sich aus einem großen Er­fah­rungsschatz bedienen konnten. Durchschnitt klingt ja immer erst mal nicht so gut. Einen kompletten Neubau kann man allerdings nicht schneller umsetzen.                                   

Interview: Ivette Wagner

Über Brainlab

Brainlab, mit Hauptsitz in München, entwickelt, produziert und vertreibt softwaregestützte Medizintechnik für präzise, minimal-invasive Eingriffe. Die Kernkompetenz liegt in den Bereichen der informationsgeführten Chirurgie, Radiochirurgie, Präzisions-Strahlentherapie und der digitalen Ver­netzung für den Austausch von Infor­ma­tionen und Wissen unter Medizinern im OP. Mit Brainlab Tech­nologie werden effizientere Be­handlungen im Bereich Radio­chirurgie sowie in weiteren zahlreichen chirurgischen Fach­disziplinen wie der Neuro­chirurgie, Orthopädie, Unfall­chirur­gie, HNO-, MKG- und Wirbel­säulen­chirurgie ermöglicht. Das 1989 gegründete, mittelständische Unternehmen beschäftigt 1.370 Mit­arbeiter an 18 Standorten weltweit und ist mit mehr als 11.800 in­stallierten Systemen in über 100 Ländern unter den Marktführern. Weitere Informationen unter: www.brainlab.com

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