Gesundheitspolitische Impulse nach der Landtagswahl 2024

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Die Gesundheitsversorgung im Frei­staat steht vor immensen Herausforde­run­gen. Bereits heute besteht ein großer Fach­kräftebedarf, bisherige Reform­vor­ha­ben haben noch nicht die gewünschten Erfol­ge gebracht und sachsenspezifische Be­son­der­­heiten wurden nicht immer mitgedacht. Im Sächsischen Landtag wurde deshalb kürzlich den neu gewählten Abgeordneten ein Maßnahmenkatalog von den Partnern im Gesundheitswesen vorgestellt. Erik Bodendieck, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, spricht hier über notwendige Maß­nahmen und die zentralen Auf­gaben für die neue Landes­regie­rung.

Herr Bodendieck, haben Sie einen Appell oder konkrete Vorschläge an die neue Regierung, um die künftige Gesundheits­versorgung zu sichern?
Erik Bodendieck: Die habe ich und ich habe sie nicht allein. Ge­mein­­sam mit den großen gesundheitspolitischen Playern in Sachsen haben wir Handlungsfelder identifiziert und daraus Lösungs­optionen. Unsere Impulse sollen der neuen Landes­regierung helfen, die flächendeckende und patientenorientierte Gesund­heits­versorgung weiterzuentwickeln und gleichzeitig Bürokratie abzubauen.

Welche Impulse meinen Sie da genau?
Zunächst bedeutet eine bedarfsgerechte und zukunftsorientierte Versorgung, dass die Menschen auf dem Land den gleichen Anspruch auf eine leicht zugängliche medizinische Grundversorgung haben wie die Bürgerinnen und Bürger in den urbanen Gebieten. Die Landesregierung kann hier die Rahmen­bedingungen schaffen, dass sich moderne ambulante und stationäre Gesundheitsz­entren entwickeln, die auf den konkreten Versorgungsbedarf in der Region ausgerichtet sind und mit Hilfe von Telemedizin vernetzte Versor­gungsformen anbieten. Nach unserer Einschätzung sollte eine sektorenübergreifende Versorgung der Zukunft nach dem Grund­satz ,digital vor ambulant vor stationär’ organisiert werden. Dabei kommt den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten eine besondere Rolle zu. Es geht uns um mehr Effizienz im Gesundheitswesen, es geht aber auch um die Gesundheitskompetenz der Men­schen und eine sachgerechte Inanspruchnahme.

Bei alldem braucht es aber weiter die ärztlichen Fachkräfte und die scheinen gerade Mangelware zu sein. Wie sehen Sie das?
Richtig, daher lauten unsere konkreten Vor­schlä­ge: Erhöhung der Anzahl von Studienplätzen, weitere Förde­rung von Landärzten, Weiterführung der Stipendien­programme, Unter­stützung von Weiterbildungsnetzwerken, schnelle Anerken­nung der Abschlüsse ausländischer Fachkräfte und Förderung von Digitalisierung und KI im Gesundheits­wesen. Auch innovative Versor­gungsmodelle sollten durch die Landesregierung unterstützt werden.

Wir haben jetzt viel über gemeinsame Versorgung in künftigen ambulanten und stationären Gesundheitszentren gehört. Was ist denn aber mit unseren bestehenden Krankenhäusern?
Wir sind uns einig, dass es auch bei uns in Sachsen eine Weiterentwicklung, eine Transformation der Krankenhaus­strukturen geben muss. In diesem Prozess ist aber mit der Novellierung des Sächsischen Krankenhausgesetzes und dem neuen Krankenhausplan aus 2023 bereits ein wichtiger Schritt geschafft. Unser Ziel ist die Schaffung leistungsfähiger, spezialisierter Krankenhausstandorte mit starker regionaler Vernetzung. Für die Umsetzung der Reformen muss der Freistaat Sachsen im nächsten Doppelhaushalt ein zusätzliches Programm „Kranken­haus+“ verankern. Dieses sollte mit min­des­tens 250 Mio. Euro pro Jahr ausgestattet sein, über fünf Jahre laufen und der Umsetzung der Krankenhausreform dienen. Weiterhin braucht es eine Regel­investitionsquote von acht Prozent der Betriebskosten.

Also geht es nur über die Strukturen der Versorgung, über mehr Fachärzte und mehr Digitalisierung?
Nein, wir sehen auch einen Ansatzpunkt bei den Patientinnen und Patienten selbst. Ziel der Akteure im Ge­sund­heitswesen ist es, Prävention und Eigenverant­wortung zu stärken und dadurch auch die Zahl ambulanter und stationärer Behandlungen zu verringern. Präven­tions­ansätze und Gesund­heits­bildung müssen gefördert werden. Generell braucht es mehr Bewusstsein und Eigenverant­wortung für die Auswirkun­gen täglicher Entscheidungen auf die persönliche Gesundheit. Auch das Thema Klima birgt enorme Potenziale für die kollektive Gesundheit. Das Land könnte zum Beispiel eine Förderung für die Entwicklung von Hitzeaktions­plänen ins Auge fassen. Grund­sätzlich gilt es, allen Men­schen unkompliziert zu ermög­lichen, digitale medizinische Angebote, wie beispielsweise eRezept, elektronische Patientenakte und Apps auf Rezept effektiv nutzen zu können. Auch dies wieder im Sinne einer effizienteren Versorgung und einer gleichzeitigen Stärkung der individuellen Gesundheits­kompetenz.

Sind das die Kernimpulse oder liegt Ihnen noch etwas am Herzen?
Am Herzen liegt mir noch etwas, das den mir eigenen ärztlichen Themenkreis deutlich erweitert. Ich rede von der Möglichkeit, in Würde zu altern. Denn neben der Verfügbar­keit einer guten Pflegekraft oder Einrichtung stellen sich die Menschen doch mittlerweile vor allem die Frage, ob sie die Situa­tion finanziell stemmen können. Hier hat die Landesregierung eine besondere Verantwortung für die Daseinsfürsorge. Wir schlagen dafür ein Investitionsprogramm Pflege vor. Außerdem könnte die Förderung von ambulanten Wohngruppen als Alter­native zum Pflegeheim ein Schwerpunkt in der Pflegelandschaft sein, genau wie eine stabile Unter­stützung des Ehrenamtes in der Pflege. Abschließend möchte ich deutlich machen, dass wir – die Partner im Gesundheits­wesen – bereitstehen, die künftige Landes­regierung aktiv bei Reformen zu unterstützen. In den vergangenen Jahren hat sich ein sehr vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Akteuren im Gesundheitswesen und der Staats­regierung entwickelt. Hierauf sollten wir aufbauen!

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