Grußwort zum Top Gesundheitsforum 2022/2023

© UKD/Christoph Reichelt
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

können Sie sich noch an den Spätsommer 2002 erinnern? 20 Jahre ist es her, dass die Landstriche beidseits der Elbe und zahlreicher anderer Flüsse von der schwersten Katastrophe seit dem Ende des zweiten Weltkriegs heimgesucht wurden. Die Bilder von damals sind in den vergangenen Wochen allgegenwärtig und mahnen uns zum Respekt vor der Natur. Und wir sind seitdem deutlich krisenerfahrener geworden – gezwungenermaßen durch die erneute Flut 2013 und nun die verheerenden Waldbrände in der Sächsischen Schweiz in diesem Sommer.

Von diesen Umweltkrisen haben wir ebenso viel lernen müssen wie von der Corona-Pandemie, mit der wir alle mittlerweile seit mehr als zwei Jahren zu tun haben. Man muss gar nicht so genau hinschauen, um einige der wichtigsten Elemente der Krisenbewältigung zu erkennen. Eins davon ist sicher die Notwendigkeit, in Situationen wie diesen zusammenzurücken und unsere sehr unterschiedlichen Fähigkeiten ohne Dünkel und Vorbehalte zum Wohl aller zu bündeln.

Das gilt übrigens auch in den Momenten, in denen Menschen schwer erkranken. Die Diagnose Krebs, Parkinson oder Alzheimer oder auch ein schwerer Unfall oder ein Schlaganfall stürzen die Betroffenen und ihre Angehörigen in eine Krise. Um hier nicht ins Bodenlose zu fallen, benötigen die Kranken vorbehaltlose Unterstützung – idealerweise von Vertrauten, Verwandten, Freunden oder Nachbarn.

Doch auch die ärztliche und pflegerische Versorgung kann ohne dieses vorbehaltlose Zusammenrücken nicht die bestmöglichen Erfolge erzielen. Ein Blick in die vor Ihnen liegende Ausgabe des Top Gesundheitsforums zeigt, dass nahezu alle Krankenhäuser der Region bei immer mehr Erkrankungen auf die Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachgebiete setzen. Dieser interdisziplinäre Ansatz, der am frühesten und damit heute stärksten in der Krebsmedizin praktiziert wird, ist Thema in einer Vielzahl von Beiträgen in diesem Heft. Beispiele sind nicht nur die Artikel zur Versorgung von Krebskranken, sondern auch die Gerinnungssprechstunde oder die Schmerztagesklinik des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden.

Und auch bei der Versorgung von Menschen mit der Parkinson´schen Erkrankung spielt dieses Miteinander eine wichtige Rolle. Hierfür hat das Uniklinikum gemeinsam mit dem Elblandklinikum Meißen und der Fachklinik am Tharandter Wald das Parkinson-Netzwerk Ostsachsen (PANOS) gegründet. In diesem Rahmen gibt es ein enges Miteinander mit fach- sowie hausärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzten sowie Praxen aus den Bereichen Logopädie, Physio- und Ergotherapie. Damit ist es gelungen, eine spezialisierte Behandlungsstruktur für Parkinson-Patientinnen und -Patienten flächendeckend zu etablieren.

Solche Netzwerke gewinnen Jahr für Jahr an Stellenwert. Lange schlug uns bei diesem Thema gewisse Skepsis entgegen. Mit der Corona-Pandemie hat sich das Blatt gewendet, denn mit der vom Uniklinikum im Auftrag des Freistaats Sachsen konzipierten und betriebenen Krankenhausleitstelle Dresden / Ostsachsen ließ sich während der bisherigen Wellen ein Kollaps der Kliniken vermeiden. Während im norditalienischen Bergamo Patientinnen und Patienten unterversorgt in Zelten sterben mussten, bekam in Sachsen jeder Corona-Kranke ein Klinikbett. Denn dank der seit Jahren betriebenen Netzwerkarbeit wurde die Leitstelle in weniger als einer Woche aufgebaut und in Betrieb genommen.

Diese Strukturen haben auch nach der Pandemie eine Daseinsberechtigung. Das liegt daran, dass das Gesundheitswesen selbst in einer tiefen Krise steckt. Die Antwort auf Arbeitskräftemangel, demographischen Wandel und begrenzte finanzielle Ressourcen können nur innovative Konzepte sein. Krankenhäuser, Rehakliniken sowie niedergelassene Ärztinnen und Ärzte müssen dafür noch enger zusammenrücken. Nur so gelingt es, die Patientinnen und Patienten auch in zehn Jahren flächendeckend auf hohem medizinischem Niveau zu versorgen. Diese Herausforderung gilt es nun gemeinsam anzugehen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine interessante wie aufschlussreiche Lektüre.

Ihr

Prof. Dr. med. D. Michael Albrecht
Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden

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