HIV ist nicht das Ende!

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HIV ist längst kein Todesurteil mehr und bedeutet auch nicht das Ende der Sexualität. Die Forschung hat in den letzten zehn Jahren so gewaltige Fortschritte gemacht, dass HIV unter Therapie nicht mehr übertragbar ist!

Ein Leben für die Beratung: Seit über 30 Jahren arbeitet Uwe Tüffers bereits für die Aids-Hilfe Dresden. In dieser Zeit hat die Therapie der Immunschwäche gewaltige Fortschritte gemacht. Zumindest in Deutschland können Menschen mit HIV gut und lange leben. Die Therapie bietet mittlerweile beste Chancen auf eine normale Lebenserwartung bei guter Lebensqualität. Auch wenn das Virus erst spät erkannt wird, kann sich das Immunsystem wieder erholen. Natürlich gibt es immer noch genug Beratungsbedarf. Wir sprachen mit dem Leiter der Beratungsstelle über die Arbeit der Aids-Hilfe Dresden und über den Status von Aids in der heutigen Öffentlichkeit.

Ein wichtiges Element Ihrer Arbeit sind die kostenfreien HIV-Selbsttests….

Seit 2019 bieten wir die Tests an, die man unter Anleitung selbst durchführt. Dafür muss man nur zu uns ins Büro kommen. Das ist auch ohne Termin möglich. Dabei werden weder Daten erfasst, noch muss eine Krankenkarte vorgelegt werden. Der gesamte Prozess erfolgt anonym und ist kostenlos. Zudem bekommt man das Ergebnis schon nach zehn Minuten. Ein entscheidender Vorteil im Gegensatz zu den Anfangstagen von Aids, als man noch wochenlang auf das Ergebnis warten musste. Diese niedrigschwellige Testung ist aktuell ein großes Erfolgsmodell und wird seit dem Beginn der Corona-Pandemie nochmal stärker nachgefragt. Daneben kann man bei uns auch einen Hepatitis C- und einen Syphilis-Test machen, die allerdings von einem Berater durchgeführt werden.

Wie ist der Therapiestand aktuell? Welche Möglichkeiten haben die Patienten?

Die medikamentöse Behandlung ist in Deutschland inzwischen sehr gut. In der Regel bekommen die Patienten eine Tablette am Tag, die die Vermehrung der Viren verhindert. Bereits nach einem halben Jahr ist die Viruslast dann so gering, dass die Betroffenen niemanden mehr anstecken können. Diese positive Entwicklung bei der Therapie kann allerdings nur in den Industrieländern konstatiert werden. In Deutschland profitieren wir von einem wirksamen und gut finanzierten Gesund­heits­system. In vielen afrikanischen Staaten, aber auch zum Beispiel in Russland oder der Ukraine ist die medikamentöse Ver­sor­­gung dagegen leider immer noch katastrophal. Dort sterben noch viele Menschen an AIDS.

Eine mögliche Schutzmethode für HIV-negative Personen ist die PrEP. Was hat es damit auf sich?

Bei dieser Schutzmethode nehmen HIV-negative Menschen ein Medikament ein, um sich vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen. PrEP (die Abkürzung für „Prä-Expositions-Prophylaxe“) nutzen vor allem für Singles mit häufig wechselnden Partnerschaften oder Männer, die Probleme mit Kondomen haben. Die PrEP schützt so gut wie Kondome und Schutz durch Therapie vor HIV, wenn sie richtig angewendet wird.

Trotz dieser positiven Entwicklungen kann man aber nicht von Heilung sprechen?

Nein, eine Heilungsoption gibt es trotz vielversprechender Forschungsansätze weiterhin noch nicht. Die Betroffenen haben eine chronische Infektionserkrankung mit einer geringen Viruslast. Potenziell ist auch wieder Sexualität ohne Schutz möglich. Wir sind also in der Therapie wirklich weit gekommen. Das ist eine medizinische Kehrtwende. Nur weiß das die Öffentlichkeit noch nicht. Es gibt immer noch Stigmatisierungen der Patienten und das Schüren von Angst vor einer hochinfektiösen Krankheit. Für viele Menschen ist AIDS immer noch mit Gewichtsabnahme, schwarzen Flecken auf der Haut und langsamen Dahinsiechen verbunden. Jemand mit HIV hat deshalb auch heute noch Probleme, sich zu outen. Dagegen müssen wir ankämpfen. Wir müssen ein neues Bild von AIDS zeichnen.

Uwe Tüffers engagiert sich seit 30 Jahren für die Aids-Hilfe Dresden auf dem Bischofsweg 46 in der Dresdner Neustadt / Foto: © Franziska Pilz

Wie hat sich Ihre Arbeit als Berater in den letzten 30 Jahren verändert?

Ich kenne noch die Zeit, als es gar keine Medika­mente gab. Damals verstarben viele Menschen in kürzester Zeit an AIDS. Heute ist die Botschaft eine völlig andere. Wer in der Therapie ist, lebt gut mit der Krankheit und kann niemanden anstecken. Früher war die Überzeugung, dass die Medika­mente höchstens helfen, um den Tod noch ein paar Jahre hinauszuzögern. Auch ist AIDS eine klassische sexuell übertragbare Infektionskrankheit von Hetero­sexuellen, mit einem sehr hohen Frauenanteil übrigens. Die reißerischen Diskreditierun­gen aus den Anfangstagen, in der vor allem homosexuelle Männer, Drogen­konsumenten und Sexarbeiterin­nen als Betroffenen­gruppen regelrecht geächtet wurden, sind aber leider immer noch verbreitet.

Auf welchen Wegen können Ihre Beratungsleistungen in Anspruch genommen werden?

Wir bieten verschiedene Arbeitsfelder an. Das ist einerseits die klassische Beratung vor Ort bei uns im Büro in der Dresd­ner Neustadt, aber auch per Telefon. Über unseren Dachver­band, die Deutsche Aidshilfe, wird über alle lokalen Stellen ein Beratungstelefon koordiniert, worüber uns Anrufe aus dem ganzen deutschsprachigen Raum erreichen. Auch eine Online-Beratung bieten wir an. Die Nutzer können ihre Fragen anonym abgeben und werden dann schriftlich über ein System ohne notwendige Nutzerdaten kontaktiert.

Welche Leistungen bieten Sie noch an?

Nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe begleiten wir Menschen, die HIV-positiv sind und durch die Diagnose in Schwierigkeiten geraten. Das können finanzielle, psychologische oder auch partnerschaftliche Probleme sein. Oft werden Bera­tungs­leistungen von Menschen mit migrantischem Hintergrund nachgefragt. Da geht es dann auch um asylrechtliche Fragen. HIV-positive Menschen dürfen aus humanitären Gründen nicht abgeschoben werden. Zu unseren Leistungen gehören aber auch Aufklärungs- und Präventionsangebote für verschiedene Ziel­gruppen. Wir ermöglichen zudem die Organisation von Gesprächs­kreisen von Betroffenen und kooperieren mit verschiedenen Netzwerkpartnern, um unsere Angebote zu streuen.

AIDS-Hilfe Dresden e.V. I Bischofsweg 46 I 01099 Dresden
Telefon: 0351 441 61 42 I www.dresden-aidshilfe.de

Redaktion: Philipp Demankowski

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