„Wir arbeiten mit- und nicht gegeneinander.“

Frank Ohi / © UKD/Christoph Reichelt
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Er ist der neue „Herr der Zahlen“ am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus. Seit 1. April 2021 hat Frank Ohi die Position des Kaufmännischen Vorstandes des Hauses der Supra-Maximalversorgung inne.

Der Krankenhausmanager übernahm das Amt von Janko Haft, der die Position im Frühjahr 2020 kommissarisch übernommen hatte. Frank Ohi verantwortete zuvor die Neu­ausrichtung der Elb­landkliniken an den Stand­orten Meißen, Rade­beul, Großenhain und Riesa. Ein Prozess, wäh­rend­dessen er Weit­sicht bewies und Erfah­run­gen sammelte. Fähigkeiten, die ihm in der neuen Position am Universitäts­klinikum zugutekommen. Wir sprachen mit dem 45-jährigen studierten Betriebs­wirt über seine Pläne für die Zusammenarbeit mit anderen Kliniken in der Region, über die Hochschul­medi­zin als Inno­vationstreiber, aber auch über die Wertschätzung des Krankenhauspersonals.

Eines der wesentlichen Ziele, das Sie zu Ihrem Amtsantritt formuliert haben, ist die Be­tonung von Partnerschaft statt Wettbewerb unter den Kliniken der Region. Wie wird sich das in der medizinischen Landschaft Dresdens äußern?

Frank Ohi: Bereits während der Pandemie hat sich das Zusam­men­arbeiten mit den drei verschiedenen Clustern in Sachsen be­währt. Für das Cluster Dres­den-Ostsachsen haben wir als Uni­ver­sitäts­klini­kum die Krankenhausleitstelle Dres­den und Ost­sachsen betrieben und in diesem Rahmen eng mit anderen Kran­ken­häusern zusammengearbeitet. Hier ging es in erster Linie darum, den Patien­ten­­ansturm zu regeln, indem wir einen wirk­samen Verteil­mecha­nismus entwickelt haben. Dieser Stresstest für unsere Kran­ken­hauslandschaft soll nun Ansatz für Weiter­ent­wicklungen sein. Es geht weniger um Wett­be­werb, sondern vielmehr um die Etab­lierung eines Verbunds. Ziel ist es, die Pa­tien­­ten genau dort zu versorgen, wo sie am besten aufgehoben sind. Ich habe an den Elblandkliniken bereits entsprechende, sehr positive Erfah­run­gen gemacht. Es geht gemeinsam mit den anderen Kranken­häusern um eine strategische Verteilung, im­mer mit dem Ziel der bestmöglichen Patienten­ver­sorgung. Dazu bedarf es natürlich einer engen Kooperation mit den Kliniken.

Wie kommen diese Ideen bei den Kliniken an?

Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist groß. Die Kliniken nehmen auch heute noch mit großem Engagement an den Treffen im Rahmen der Krankenhaus­leit­stellen teil, zumal es auch im Vorfeld bereits etablierte Ko­ope­rationen gab. All das ist noch ausbaufähig. Wir sind zum Bei­spiel in enger Ab­stim­mung mit dem Städtischen Klinikum, um diese Ideen weiter zu konkretisieren. Wir arbeiten mit- und nicht gegeneinander.

Wie hat sich Corona auf die finanzielle Situation am Uniklinikum ausgewirkt? Dem Haus wird ja immer wieder eine solide finanzielle Basis attestiert.

Als Kaufmännischer Vorstand liegt das in meinem Verantwortungsbereich. Und ich kann ganz klar sagen, dass wir eine stabile finanzielle Basis haben und die Pandemie relativ gut – auch in diesem Sektor – bewältigen konnten. Na­tür­lich gab es starke Belastungen. Aber wir konnten zu jedem Zeit­punkt unsere Leistungsfähigkeit beibehalten. Und zwar nicht nur für die an COVID19 erkrankten Patienten sondern auch für alle.

Prof. Dr. med. D. Michael Albrecht (Medizinischer Vorstand) und Frank Ohi (Kaufmännischer Vorstand) am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden / © UKD/Christoph Reichelt
Das Uniklinikum hat sich stets über seinen medizinischen Innovationsgeist definiert. Sie wollen das Haus konsequent weiterentwickeln. Mit welchen Projekten, Bauvorhaben oder Partnerschaften wird dieser Plan in naher Zukunft akzentuiert?

Es ist unser Anspruch, uns als Universitäts­klinikum weiterhin in der Spitzenmedizin zu positionieren. Hier spielen neben der Krankenversorgung natürlich For­schung und Lehre eine zentrale Rolle. Daher beschäftigt uns in naher Zukunft vor allem das neue Zentrum für See­lische Ge­sundheit. Das ist nicht das einzige Bauprojekt, auch das Deut­sche Krebsforschungs­zen­trum wird eine Depen­dan­ce bekommen und wir bauen weiter am Gebäude für Meta­bolisch-Immunologische Erkran­kungen und Therapietech­no­logien Sachsen (MITS). Hochschul­medizin bedeutet, dass wir Standards setzen und Innovationen auf den Weg bringen müssen. Hier denke ich auch an die Digitalisierung und den Um­gang mit Künstlicher Intelligenz in der Medizin. Wir wollen Konzepte auf den Weg bringen, von denen auch andere Häuser profitieren. Das ist unsere originäre Aufgabe als Stand­ort der Hochschulmedizin.

In der Krankenhauslandschaft wird immer wieder von der notwendigen Digitalisierung gesprochen. Wie weit sind Sie in diesem Bereich?

Wir sind auf einem guten Weg, haben viele Pro­jekte initiiert und Investitionen in Millionenhöhe getätigt. Bei einem Krankenhaus dieser Größe muss man schrittweise vorgehen. Alles auf einmal funktioniert nicht. Ein großes Thema ist auch die IT-Sicherheit. Bei jedem Digitalisierungsschritt muss ge­währleistet sein, dass die erhobenen Daten nicht nach außen gelangen. Da sind wir besonders im Fokus und müssen Standards erfüllen, die an anderen Stellen vielleicht noch nicht gehalten werden müssen oder können. Das ist unsere Aufgabe und die nehmen wir gerne an.

In welcher Rolle sehen Sie das Universitätsklinikum für unser gesellschaftliches Miteinander? Hat man als großer Arbeitgeber auch diesbezüglich eine Vorbildfunktion?

Abseits unserer primären Rolle für die bestmögliche Patientenversorgung denke ich schon, dass wir eine gewisse Vorbild- und Verantwortungsfunktion auch in gesellschaftlicher Hinsicht haben. Das ergibt sich allein daraus, dass wir stark in der Öffentlichkeit stehen. Als Arbeitgeber setzen wir auf Vielfalt und freuen uns, dass das Magazin Stern in seinem Ranking zu den Top Arbeitgebern Diversity dem Uni­ver­sitätsklinikum eine Vorreiterrolle attestiert hat. Auch haben wir eine hohe Frauenquote in Führungspositionen, und In­ternationalität ist der Hochschulmedizin ohnehin wesenseigen. Auch da versuchen wir, unseren Beitrag zu leisten.

Trotzdem steht das Krankenhaus mit anderen Häusern im Wettbewerb um Nachwuchskräfte. Gerade auch bei Fach­personal. Mit welchen Strategien wollen Sie diesbezüglich erfolgreich sein?

Wir versuchen, mit verschiedenen Recruiting-Maß­nah­men die Menschen für uns zu gewinnen, erlebbar zu werden. Wir haben natürlich den Standortvorteil einer eigenen Schule, der Carus Akademie, in der wir das medizinische Per­sonal von morgen ausbilden. Aber all das reicht nicht aus. Wir brauchen Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten in verschiedenen Bereichen. Deshalb versuchen wir uns als attraktiver Arbeitgeber zu etablieren. Dazu gehört es, den Mit­arbei­te­rinnen und Mit­arbeitern auch in schwierigen Phasen Gehör zu schenken, im Dialog zu bleiben. Dazu gehört es aber auch, attraktive Aus­gleiche anzubieten. Da geht es nicht nur um Ent­lohnung, sondern auch um zahlreiche andere Dinge, um ein angenehmes Arbeitsumfeld zu schaffen. Zum Beispiel gehen wir gerade das Thema Job-Fahrrad an, um nur eine Initiative zu nennen. Es gibt das „Carus Vital”, also ein eigenes Gesund­heits­zentrum für die Mitarbeiter im Rahmen des Be­trieb­lichen Ge­sundheits­manage­ments. Eins ist klar: Wir dür­fen nicht stehenbleiben und müssen uns auch auf diesem Ge­biet weiterentwickeln.

Corona hat auch gezeigt, dass Wertschätzung und Ar­beits­last der Mitarbeiter in den Krankenhäusern mitunter in einem Missverhältnis stehen. Wie könnte man dieses Ver­hält­nis besser ausgleichen?

In erster Linie müssen wir unseren Mitarbeite­rin­nen und Mitarbeitern signalisieren, dass wir diese Prob­leme ernst nehmen. Da gibt es keinen Königsweg. Es muss immer wieder und mit verschiedenen Maßnahmen begegnet werden. Wir haben Prämien ausgezahlt, aber die Maßnahmen dürfen natürlich nicht nur finanzieller Natur sein. Wir arbeiten an einer verlässlichen Personalausstattung in den Kernbe­rei­chen, um Überlastungssituationen zu vermeiden. Und es sind auch die kleinen Dinge: Wir hatten gerade eine Aktion, bei der wir Eis an die Mitarbeiter verteilt haben. Wertschätzung vermittelt man auch darüber, dass Führungskräfte Präsenz zeigen. Es sind viele Puzzle-Teile.

Auch wenn das Universitätsklinikum eine so große, vielgestaltige Institution ist: Gelingt es trotzdem eine Art Fa­mi­lien­gefühl zu etablieren?

Das gelingt durchaus, es gibt hier ein sogenanntes „Carus-Gen“, das für diesen Zusammenhalt steht. Die einzelnen Fachbereiche und Kliniken sind sehr familiär aufgebaut – auch das hat mich gereizt. Man arbeitet meist in Gruppen von etwa 30 Menschen, die teilweise schon Jahr­zehn­te zusammenarbeiten. Das unterstützen wir, denn so eine Ar­beits­atmo­sphä­re ist in einem oftmals herausfordernden Job, bei dem es nicht selten um Leben und Tod geht, die Basis für eine hervorragende Performance, für die dieses Haus und seine Mit­arbei­te­rinnen und Mitarbeiter stehen.

Interview: Philipp Demankowski

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