Prävention und Bekämpfung von Drogenmissbrauch

Barbara Klepsch, Sächsische Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz / Foto: © J. Lösel
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Im Gespräch mit Barbara Klepsch, Sächsische Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz

Drogenbedingte Todesfälle in Deutschland nehmen stetig zu. Während 2014 in Deutschland 1032 drogenbedingte Todes­fälle registriert wurden, gab es 2015 einen Anstieg um 18,8% (1226 Fälle). Der größte Anstieg wurde in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland registriert. Das Durchschnittsalter der Toten lag bei ca. 38 Jahren, wobei der Anteil der Männer 84 %, der von Frauen 16 % betrug. Besonders problematisch ist der Anstieg von Konsumenten synthetischer Drogen. Die unter dem Namen Crystal-Meth bekannte Substanz, ein Stimulanz-Mittel aus der Gruppe der Amphe­ta­mine, stellt dabei die Einrichtungen der Suchthilfe insbesondere in der Grenzregion zu Tschechien vor neuartigen Herausforderungen. Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz hat einen 10-Punkte-Plan zur Prävention und Bekämpfung von Drogenmissbrauch erstellt, ein Teilbereich ist der Problematik mit der Droge Crystal (Methamphetamin) gewidmet. Top Gesundheitsforum nutzte die Möglichkeit, mit der Sächsischen Gesundheitsministerin Barbara Klepsch darüber ins Gespräch zu kommen.

Das Thema Drogenmissbrauch besitzt in allen Bundes­ländern Relevanz. Hat sich der Trend steigender Todesfälle und registrierter Neu-Konsumenten 2016 fortgesetzt?
Staatsministerin Barbara Klepsch: Im vergangenen Jahr gab es in Sachsen 24 Drogentote, damit ist die Zahl im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. Wir wissen aber auch – die Zahlen unterliegen größeren Schwankungen. Dennoch möchte ich ganz klar ausdrücken: jeder Drogentote ist einer zu viel. Das größte Problem bei den illegalen Drogen gibt es in Sachsen mit der Substanz Crystal-Meth. Als Staatsregierung haben wir einen 10-Punkte-Plan zur Bekämpfung dieser furchtbaren Droge. Erste Erfolge sind sichtbar: die Zahl der Beratungsfälle bei Crystal-Meth ist seit zwei Jahren nicht mehr gestiegen. Top: Laut Betäubungsmittelgesetz (BtMG) ist der Konsum spezieller Drogen auf medizinisch-therapeutische Anwendungen, z.B. Schmerztherapie, begrenzt und obwohl der Umgang mit illegalen Drogen strafrechtliche Relevanz besitzt, ließen sich Konsumenten und Dealer in der Vergangenheit wenig ab­schrecken. Worin sehen Sie die Ursachen und zeigen spezielle Aktivitäten zur Umsetzung des 10-Punkte-Plans bereits Erfolge? Barbara Klepsch: Der Kampf gegen illegale Drogen, speziell Crystal, hat für uns Priorität. Es gibt gute Erfolge, aber wir brauchen einen langen Atem. Wir setzen auf drei Bausteine: Repression, Beratung und Behandlung sowie Prävention. Repression, das heißt: es gibt einen hohen Verfolgungsdruck, auch gemeinsam mit dem tschechischen Nachbarn. Die Zahl der Rauschgiftdelikte in Zusammenhang mit Crystal ist 2016 gesunken. Ziel ist es, Händler- und Schmugglerstrukturen zu zerschlagen. Sachsen konnte auch erreichen, dass der Besitz von Chlorephedrin jetzt strafbar ist. Das ist ein Grundstoff für die Herstellung von Crystal. Genauso wichtig sind aber Beratung, Behandlung und Aufklärung. Crystal macht dich kaputt, und zwar innerhalb kürzester Zeit. Das muss jedem klar werden.

Crystal-Meth scheint allgegenwärtig. Eltern machen sich Sorgen um ihre Kinder, da Schutzmechanismen gegen Erst­konsum zum Beispiel in Schulen oder Diskos nicht immer greifen. Über dramatische physische und psychische Schädi­gungen durch Crystal-Konsum sind Kinder und Jugendliche häufig nicht informiert. Was wird präventiv zur Aufklärung von Schülern und deren Eltern unternommen, um Erstkontakte mit dieser Droge zu verhindern?
Es gibt viele gute Projekte zur Prävention in den Landkreisen und kreisfreien Städte. Diese unterstützen wir auch als Freistaat Sachsen aktiv. Mit fast 2 Millionen Euro konnten wir im vergangenen Jahr 26 Projekte zur Sucht­prävention fördern. Unser Ziel ist es, Crystal-Konsum zu verhindern. Doch wer die Droge bereits konsumiert, soll sich möglichst schnell Hilfe in einer der Suchtberatungsstellen holen können. Auch diese unterstützen wir finanziell mit 5,1 Millionen Euro pro Jahr. In Sachsen haben wir 45 Suchtberatungs- und Behandlungsstellen mit 26 Außenstellen. Diese ermöglichen eine wohnortnahe Betreuung. Aber natürlich sind auch gut aufbereitete Informationen wichtig. Diese findet man zum Beispiel auf unserem Internet­portal crystal.sachsen.de. Auch die Suchtberatungsstellen verfügen über informatives Material speziell für den Unterricht in Schulen. Ich möchte aber auch betonen, dass bei der Suchtprävention neben den Schulen auch die Eltern und das häusliche Umfeld gefragt sind. Auch hier muss über die Gefahr von Drogen aufgeklärt werden. Unser Ziel sind kompetente Kinder und Jugend­liche, die die Gefahr der Droge Crystal kennen und die NEIN zur Droge Crystal sagen.

Crystal und Familie: Zu Analysen der Lebenssituation und Hilfebedarf für betroffene Kinder wurde ein multimethodaler Ansatz entwickelt, an dem mehrere sächsische Beratungs­stel­len beteiligt sind, weiterhin ein Motivierungs- und Behand­lungs­programm für methamphetaminbetroffene Eltern und Kinder von 0 bis 8 Jahren. Was gibt es für erste Erkenntnisse daraus? Das Uniklinikum pflegt eine enge Kooperation mit dem National Institut for Mental Health in Prag unter dem Slogan „Mama denk an mich”, um Crystal-Müttern und deren Neugeborenen zu helfen. Nach Aussagen beteiligter Ärzte und Betreuer ist dieses Projekt recht erfolgreich. Wie unterstützt das Sächsische Staatsministerium dieses besondere Projekt?
Ich habe mir das Projekt bereits vor Ort angeschaut und finde es sehr überzeugend. Konsumierende Schwan­­gere und junge Mütter werden von Experten ganz engmaschig betreut. Ziel ist es, ihnen so den Ausstieg aus der Droge zu erleichtern und ein normales Familienleben mit dem Neu­geborenen zu ermöglichen. Dafür arbeiten Spezialis­ten aus allen Fach­be­reichen zusammen – von der Geburtshilfe bis zur Neugeborenen­medizin, dem Jugendamt und der Suchthilfe. Crystal ist eine grenzüberschreitende Herausforderung. Des­halb arbeiten wir als Freistaat auch mit unseren Nachbarn zusammen. Auch mir ist der Austausch mit Tschechien sehr wichtig. Erst vor wenigen Wochen war ich dazu in Prag. Dort habe ich unter anderem mit dem Regierungskoordinator für Antidrogenpolitik, Herrn Jindřich Vobořil, gesprochen. Im Mittelpunkt unseres Treffens stand der Aus­tausch über die Anti-Drogen-Politik der tschechischen Regierung.

http://www.sms.sachsen.de/

Interview: Helga Uebel

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