Ein Haus für die High-End-Medizin

Professor Dr. Bärbel Held, Geschäftsführerin am Herzzentrum Dresden / Foto: Felix Posselt
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Im Gespräch mit Prof. Dr. Bärbel Held, neue Geschäftsführerin am Herzzentrum Dresden

Hinter dem Herzzentrum Dresden liegen turbulente Zeiten. Nach fast dreijähriger Brandschutzsanierung des Hauses, welche die Funktionsfähigkeit des Hauses massiv beeinträchtigt hatte, nach einem Chefarztwechsel sowohl in der Kardio­logie als auch in der Kardioanästhesie und nach der Ernennung der neuen Geschäftsführerin Prof. Dr. Bärbel Held, beginnt eine neue Zeit für den Maximalversorger. Die studierte Wirtschafts­wissenschaftlerin verfügt über umfangreiche Kenntnisse im Gesundheitsmanagement, die sie zuletzt als Geschäfts­füh­rerin am HELIOS Klinikum Aue unter Beweis stellte. Sie löst Stefan Todtwalusch ab, der Anfang des Jahres die Geschäfts­führung der Vereinigten Gesundheitseinrichtungen Mittel­sachsen Freiberg übernahm. Im Gespräch mit dem Top Gesundheits­forum berichtet die 53-Jährige über Kooperations­pläne und die Rolle, die das Herzzentrum in der ostsächsischen Kranken­hauslandschaft spielt.

Sie wohnen ja schon länger in Dresden. Aber es gab sicherlich noch andere Gründe, warum Sie ans Herzzentrum gewechselt sind?
Prof. Dr. Bärbel Held: Ich habe mich bei meiner vorherigen Station beim Auer HELIOS Klinikum auch sehr wohl gefühlt. Nichtsdestotrotz ist das Angebot, die Leitung des Herz­zen­trums zu übernehmen, natürlich sehr attraktiv, eben weil die Klinik als Maximalversorger der Herzmedizin eine besonders emotionale Aufgabe für mich darstellt. Zudem kommt hinzu, dass ich seit 2008 Dresdnerin bin. Den letzten Ausschlag für die Entscheidung gab dann aber die Herausforderung, die mit der Anstellung verbunden ist. Wir wollen im Herzzentrum neue Impulse setzen.

Zuvor hatte das Haus eine längere Bauphase zu überstehen?
Das Haus ist per se ein sehr erfolgreiches. Seit 2015 wurde allerdings viel Engagement in die Brand­schutzsanierung gesteckt, was mit einer dreijährigen Bauphase verbunden war. Dadurch mussten wir Betten sperren. Auch die Intensivstation war zeitweise geschlossen. Das ist für die Mitarbeiter natürlich eine angespannte Situation und auch für die Patienten schwer vorstellbar. Wir konnten teilweise Zuweisern Patienten nicht abnehmen, was dem Ruf des Hauses nicht zuträglich ist.

Worin sehen Sie Ihre Hauptaufgabe bei dieser partiellen Neustrukturierung der Klinik?
Die Herzmedizin hat sich in den letzten Jahren so sehr verändert, dass wir die bisherige strukturelle Trennung zwischen Herzchirurgie sowie Innerer Medizin und Kardiologie ablegen. Stattdessen wollen wir uns als interdisziplinäres Herzzentrum aufstellen und präsentieren. Zudem sind wir eines der führenden universitären Herzzentren Deutsch­lands, welches sich auf Spitzenmedizin in Verbindung mit Lehre und Forschung fokussiert und dies in enger Kooperation mit dem Uniklinikum praktiziert.

Ist die Gründung des Universitäts AortenCentrums Dresden (UAD) ein erstes Signal dieser verstärkten Zusam­menarbeit mit dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus?
Man kann schon sagen, dass wir mit der Gründung des Zentrums eine neue Ära der Zusammenarbeit einläuten. Damit können wir Patienten mit komplexen, potentiell lebensbedrohlichen Erkrankungen der Hauptschlagader viel besser therapieren. Geleitet wird das Zentrum von Prof. Christian Reeps, dem Leiter des Bereichs für Gefäß- und Endovaskuläre Chirurgie der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Uniklinikums, sowie von Prof. Klaus Matschke, dem Direktor der Klinik für Herzchirurgie des Herzzentrums Dresden. Die Patienten profitieren also von der geballten Expertise der Interdisziplinarität und Zusammen­arbeit der Spezialisten.

Welche Perspektiven eröffnen sich darüber hinaus als Mitglied der medizinischen Fakultät an der TU Dresden?
Wir werden auch verstärkt in der Wissenschaft kooperieren. Unsere Professoren sind ja bereits in Lehre und Forschung an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden aktiv. Die Zusammenarbeit betrifft dann aber auch thematische Schwerpunkte, die über die Medizin hinausgehen und beispielsweise Elektrotechnik oder Gesundheits­manage­ment mit einschließen.

Gibt es auch Kooperationen mit außeruniversitären Partnern?
Ja, wir streben auch eine enge Zusam­menarbeit mit den niedergelassenen Ärzten und den Kran­ken­häusern der Region an. Im Moment besuche ich zu diesem Zweck gerade die Kollegen, um gemeinsame Projekte auszu-tarieren. Wir wollen den Partnern die Möglichkeit geben, dass ihre Pa­tienten im Herzzentrum auf dem neuesten Stand der Wis­senschaft behandelt werden können. Das bedeutet nicht, dass wir den Häusern die Patienten wegnehmen. Stattdessen wollen wir im Fall der Fälle für die gleichen Patienten High-End-Medizin als Ergänzung anbieten. Dazu müssen wir Ver­trauen aufbauen. Als Beispiel sei hierfür das Kunstherz-Programm genannt, welches wir wieder verstärken werden. Der Terminus „Mechanische Kreislaufunterstützungssysteme“ ist ein Ober­be­griff für alle Systeme, die den Blutkreislauf unterstützen oder ersetzen. Man unterscheidet zwischen Kurz- und Langzeit­systemen. Bei Kurzzeitsystemen handelt es sich um Geräte, die außerhalb des Körpers liegen. Wenn das Herz sich nicht erholen kann oder eine Erholung länger dauert, werden ventrikuläre Unterstützungssysteme – Langzeitsysteme – eingesetzt. Sie werden meist VAD (von engl.: „Ventricular Assist Device“) oder auch Kunstherz-Systeme genannt und bestehen aus einer kleinen Pumpe, die der Chirurg direkt am Herzen des Patienten einsetzt. Darauf sind wir spezialisiert. Ein anderer Punkt ist die Verpflichtung für die Weiterbildung der Kollegen. Über Symposien oder Vorlesungsreihen geben wir unser Know-how an andere Kardiologen weiter. Die niedergelassenen Ärzte sollen unbedingt über die neuen Methoden oder Techniken am Herzzentrum aufgeklärt werden. Denn wenn die Kardiologen nichts von den neuen Verfahren wissen, kann auch der Patient nicht davon profitieren. Genauso wichtig für die gegenseitige Vertrauensbildung ist die Tatsache, dass der Patient dann für die Nachsorge auch wirklich wieder in die jeweiligen Häuser zurückkehrt.

Für die hohe Qualität der Behandlung ist auch die technische Ausstattung entscheidend. Welche Investitionen werden diesbezüglich getätigt?
Erst kürzlich haben wir einen neuen MRT erstanden. Wir werden auch weiterhin in Großgeräte investieren, die die Kardiologie unbedingt braucht, vor allem im Bereich der bildgebenden Apparate. Zudem werden die Herz­katheterlabore ausgetauscht und damit modernisiert.

Die Kardiologie ist ein Fachbereich, der einem starken Wandel unterlegen ist. Wir tragen Sie diesem Umstand Rechnung?
Eben durch die Akzentuierung als interdisziplinäres Zentrum. Durch den Aufschwung der minimalinvasiven Verfahren können heute Eingriffe über ganz kleine Schnitte oder Katheter erfolgen, die früher ausschließlich vom Herzchirurgen am offenen Herzen durchgeführt wurden. Das ist ein Trend, der uns regelrecht dazu auffordert, dass die Spezialisten verschiedener Fachbereiche eng zusammenarbeiten, um bei jedem Patienten die individuell passende Behand­lung gemeinsam abzustimmen.

http://www.herzzentrum-dresden.com

Interview: Philipp Demankowski

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