Digitaler Scan statt Gipsmodell

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Mit dem Dental 4.0-Konzept gegen Fachkräftemangel und explodierende Kosten in der Zahnmedizin

Das Problem ist bekannt: In Deutschland fehlen immer mehr Zahnärzte. Vor allem in ländlichen Regionen ist die Situation bereits jetzt mehr als angespannt und wird sich in den nächsten Jahren noch verschlimmern, da aufgrund der Altersdemografie viele Praxen in absehbarer Zeit schließen werden. Geeignete Nachfolger? Kaum in Sicht. Erschwerend hinzu kommen Reglementierungen und Beschränkungen durch den Gesetzgeber, welche die akute Unterversorgung noch verschärfen. Hier verspricht das digitalisierte Dental 4.0-Konzept Abhilfe.

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Den Weg der digitalisierten Praxis geht seit über 30 Jahren die Deutsche Gesellschaft für computergestützte Zahnheil­kunde (DGCZ), die sich im Juni 2023 in Leipzig zum 31. CEREC-Master­kurs mit dem Titel „Klinische Herausforderungen digital meistern“ traf. Die Abkürzung steht für „CEramic REConstruction“ und bezeichnet eine computergestützte Methode zur Rekons­truk­tion von Zahnrestauratio­nen. Die DGCZ hat sich 1992 als wissenschaftliche Fachgesell­schaft gegründet und ist in anderen zahnmedizinischen Fach­gesellschaf­ten verankert, um so fächerübergreifend Wissen zu vermitteln. Denn die Digita­lisierung hat sich bereits in einigen deutschen Zahnarzt­praxen etabliert und konzentriert sich nicht mehr nur auf die Herstellung von Zahnersatz, sondern hat auch Einzug in die Diagnostik, Therapie und wissenschaftliche Doku­mentation gehalten, sodass Praxen damit effizienter arbeiten und gleichzeitig eine optimale zahnmedizinische Versor­gung gewährleisten können.

Digitaler Datencontainer für jeden Patienten
Für einen erfolgreichen Workflow bedeutet das, dass alle digitalen Komponenten innerhalb einer Praxis vernetzt sind und sämtliche Geräte miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten. Für jeden Patienten wird ein sogenannter Daten­contai­ner angelegt, in dem sämtliche relevanten Daten und Informa­tionen zusammengeführt und gespeichert werden und auf den jederzeit innerhalb der Praxis zugegriffen werden kann. Und das bei Bedarf auch mehrfach und zu einem späteren Zeitpunkt, wodurch unnötige Doppelbe­handlungen und damit verbundene Kosten vermieden werden, was das Verfahren wiederum finanzierbar macht. Die Vorteile für Patienten liegen auf der Hand. Sie müssen weniger Praxistermine wahrnehmen, was gerade für ältere Menschen und jene, die einen weiteren Anfahrtsweg haben, eine große Erleichterung ist.

Digitaler Zwilling garantiert schonende Behandlung
Auch die Behandlung selbst ist wesentlich schonender. So wird für die Anfertigung von Zahnersatz statt des herkömmlichen Ab­drucks, den viele Patienten als unangenehm empfinden, durch eine zahnmedizinische Fachkraft ein optischer Scan angefertigt, der alle Details zeigt und auf dessen Grundlage statt eines Gips­modells ein digitales Modell erstellt wird, dessen Vorbild nichts weniger als die Perfektion der Natur ist. Der Patient bekommt sozusagen einen Avatar bzw. einen digitalen eineiigen Zwilling, anhand dessen Therapieentscheidungen und Verlaufs­kontrol­len durchgeführt werden. Mithilfe künstlicher Intelli­genz, die auf bereits vorhandene Daten zugreift, ist es so auch möglich, Behandlungs­ergeb­nisse besser vorherzusehen und gezieltere Prognosen zu treffen. Für den Patienten geht das Scan-Verfahren außerdem mit einer geringeren Strahlungs­belastung einher und der anschließende Behandlungserfolg stellt sich schneller ein, da Wunden im Mund besser heilen. Für den Zahnarzt wiederum bedeutet die Digitalisie­rung 4.0 eine immense Zeit- und damit auch Kostenersparnis, da er viele Tätigkeiten an gut ausgebildetes Praxispersonal abgeben kann.

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Digitalisierung in Deutschland stagniert
Trotz aller Vorteile ist hierzulande die Digitalisierung der Zahn­medizin noch nicht weit verbreitet. Im Gegenteil, die Entwicklung stagniert. Nur ca. 30 Prozent der Praxen scannen, sodass Deutsch­land bei der Herstellung von Zahnersatz im Bereich der Digita­lisierung noch nicht gut aufgestellt ist. Wesentlicher Grund dafür sind hohe Kosten bei der technischen Umstellung der Praxen. Der Großteil der Zahnärzte arbeitet nach wie vor traditionell, da auch die gesetzlichen Krankenkassen kaum Kosten für innovative digitale Verfahren tragen. Hinzu kommen ein strenger Datenschutz und die fehlende digitale Infrastruktur, die jedoch Voraussetzung dafür ist, um innovativ tätig sein zu können.

Digitale Innovationen im Studium verankern
Eine Schlüsselrolle bei der Digitalisierung spielen Hoch­schulen und Universitäten. Ihr Ziel muss es sein, Zahnärzte auszubilden, die praktisch, aber auch wissenschaftlich evidenzbasiert behandeln und sowohl analoge als auch digitale Tech­niken beherrschen. Angehende Zahnmediziner müssen in ihrem Berufsalltag in der Lage sein, selbst zu entscheiden, wann sie welche Technik einsetzen. Dafür ist es wichtig, dass sich Studierende bereits am Anfang ihrer Ausbildung mit digitalen Innovationen auseinandersetzen.

Brücken bauen zwischen Uni, Praxis und Studierenden
Die DGCZ hat dafür das Explorer-Programm ins Leben gerufen, um Brücken zwischen Hochschulen und Zahnarztpraxen zu schlagen und Ansprechpartner für Studierende zu sein. Sie können über das Programm Kontakt zu Praxen aufnehmen, Praktika absolvieren und Fragen stellen. An dieser Stelle versteht sich die DGCZ innerhalb der digitalen Zahnmedizin als Schnittpunkt zwischen Praxis, Hochschulen und Studieren­den. Sie kann somit auch Beispiel und Vorbild für andere Bereiche der Medizin sein, um standardisierbare Prozesse immer weiter zu verbessern und effizienter zu gestalten. Damit endlich auch die (Zahn)Medizin in Deutschland im 21. Jahr­hundert ankommt.

Der CEREC Masterkurs wird von der DGCZ in Kooperation mit der Digital Dental Academy Berlin GmbH (DDA Berlin) veranstaltet. Die DDA Berlin bietet CEREC-Fortbildungen für jeden Wissensstand an. Der nächste CEREC Masterkurs findet vom 30.5. bis zum 1.6.2024 in Köln statt.
www.dda.berlin I www.dgcz.org

Redaktion: Ute Nitzsche

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