Ein Haus für alle Gerinnungs­störungen

Das Team der Gerinnungsambulanz hat nun neue, gemeinsame Räume bezogen. / Foto: © UKD/Kirsten Lassig
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Im Haus 66 arbeiten die Gerinnungsexperten des Universitätsklinikums Dresden (UKD) künftig in einer gemeinsamen Ambulanz.

Die Blutgerinnung ist ein wichtiger Prozess im menschlichen Körper, dient sie doch dem Verschluss von Wunden. Ist das Zusammenspiel von Blutplättchen und Gerin­nungs­fak­toren gestört, kommt es entweder zu einer erhöhten Blutungs- oder Thromboseneigung. Hun­derttausende Patienten in Deutschland sind be­troffen und müssen oft lebenslang medikamentös behandelt werden: bei Neigung zu überschießender Gerinnselbildung mit Blutver­dün­nern und bei einer Blu­tungs­­neigung durch fehlende oder fehlerhafte Gerin­nungsfaktoren im Blut müssen diese durch Spritzen oder Infusionen ersetzt werden. „Die Anzahl von Gerinnungspatienten steigt in Deutsch­land seit Jahren an – nicht jedoch die Anzahl der darauf spezialisierten Ärzte“, erklärt Oberarzt Prof. Dr. Jan Beyer-Westendorf, dessen Schwerpunkt in der Behandlung von Patienten mit Thromboseneigung und Blutverdünnern aus ganz Sachsen liegt. Damit kommt auch die Beratungskapazität der Gerin­nungs­ambulanz am Dresdner Uniklinikum an ihre Grenzen. „Zudem werden Patienten immer älter (und kränker) und gleichzeitig entwickelt sich die Medizin schnell weiter. Da braucht es regelmäßige Checks, ob Patient und Therapie­emp­fehlung noch zusammenpassen“, sagt Jan Beyer-Westendorf.

Foto: UKD/Kirsten Lassig

Unter einem Dach
Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, investiert das UKD immer weiter in das Bera­tungs­angebot. So arbeiten die bisher in verschiedenen Häusern angesiedelten Experten zukünftig gemeinsam im Haus 66 – auch die Oberärztinnen Dr. Karolin Trautmann-Grill und Dr. Sandra Marten, welche sich auf erwachsene Patienten mit Blutungs­nei­gungen spezialisiert haben. Doch auch die traditionell bestehende Trennung zwischen Kindern und Er­wachsenen mit Gerinnungsproblemen wird in der neuen Ambulanz zukünftig aufgelöst, weil junge Patienten einerseits durch Diagnose und Therapie sehr belastet sind und einen sensiblen Umgang benötigen, andererseits aber irgendwann die Pubertät und das Erwachse­nen­alter erreichen. Dieser Übergang wird in einer Transitions-Sprech­stunde gemeinsam mit dem Team des Kinderarztes Prof. Dr. Ralf Knöf­ler begleitet, welcher seit vielen Jahren eine Ge­rinnungs- und Hämophilie-Sprechstunde in der Kinderklinik leitet.

Trends und Therapien
Die neu geschaffene zentrale Gerinnungsambulanz soll auch für andere Ärzte innerhalb des Krankenhauses eine Erleich­te­rung bringen, wenn etwa ein Patient mit einem Gerinnungs­pro­blem vor einer Operation steht. Schon im Rahmen der vorstationären OP-Planung kann im Haus 66 gezielt das perioperative Gerinnungsmanagement festgelegt werden.

Neben der klinischen Versorgung arbeiten die Ärzte in der Studienambulanz „Thrombose­for­schung und Gerinnungs­stö­rungen“ unter der Lei­tung von Prof. Dr. Beyer-Wes­tendorf zu­dem an klinischen Studien, in denen die Erforschung neuer Blut­verdünner und Hämo­phi­lie-Medikamente, aber auch der Transfer von Er­wachsenenmedikamenten auf erkrankte Kin­der wissenschaftlich begleitet werden.

Ohnehin gibt es viele neue Therapietrends. „Bei den Blu­tungs­­neigungen gibt es zwei wesentliche Entwicklungen“, er­klärt Beyer-Westendorf: „Einer­seits wird die Wirksamkeit der Fak­to­ren­ersatz­prä­pa­rate so verlängert, dass sich die Patienten seltener spritzen müssen. Andererseits verspricht die Gen­therapie, diese Krankheiten zukünftig sogar heilen zu können.“ Und bei der Thrombosetherapie erwartet der Experte zeitnah große Fort­schritte durch ein völlig neues Therapie­konzept: Die Faktor-XI-Hemmer sollen zukünftig eine überschießende Gerinnsel­bildung verhindern, ohne das Blutungs­risiko zu er­höhen. Doch neben diesen vielversprechenden Ent­wick­lungen muss auch die Ausbildung junger Ärzte auf dem Gebiet der Blutgerin­nungs­störungen priorisiert werden.

Redaktion: Philipp Demankowski

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