Schonende Eingriffe im Brustraum

Foto: Universitätsklinikum Dresden/Holger Ostermeyer
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Erstmals wurde an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden eine Professur für Thoraxchirurgie besetzt. Mit der neuen Professur unterstreicht das Universitätsklinikum Dresden seine Rolle als überregionales Referenzzentrum für moderne und innovative Chirurgie an Lunge und Brustkorb. Insbesondere Patienten mit Lungentumoren profitieren von den fortschrittlichen OP-Techniken.

Prof. Michael Schweigert will vor allem eins: Die Studierenden für sein Fachgebiet begeistern. Mit der neu geschaffenen Professur für Thoraxchirurgie hat er die Chance dazu. Wie andere chirurgische Disziplinen wird die Thoraxchirurgie bei vielen medizinischen Nachwuchskräften eher stiefmütterlich behandelt. „Viele Studierende wissen gar nicht, dass es ein explizites Fachgebiet für chirurgische Eingriffe im Brustraum gibt“, erklärt der 44-Jährige. „Wenn sie sich dann aber einmal mit den Methoden auseinandergesetzt haben, ist das Interesse groß.“ Mit seinen Vorlesungen will Prof. Schweigert also Aufbauarbeit leisten, auch indem er sich bisher unkonventioneller Lehrmethoden bedient. Digitale Lehrinhalte bereichern den Vorlesungsalltag. Den Studierenden wird ein Fall aus der medizinischen Praxis vorgestellt, woraufhin sie mittels Multiple- Choice-Optionen das weitere Therapievorgehen über Smartphone oder Tablet einschätzen. Anschließend werden die Ergebnisse evaluiert und gemeinsam diskutiert.

Referenzzentrum

Seit 2018 leitet der in Bayern geborene Facharzt den Bereich Thoraxchirurgie am Universitätsklinikum Dresden. Von der Einrichtung einer Professur für Thoraxchirurgie an der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Carl Gustav Carus in Dresden verspricht er sich neben der Förderung des medizinischen Nachwuchses auch eine Stärkung des Renommees für seinen Bereich. „Wir sind das einzige Zentrum für Robotische Chirurgie der Lunge und des Brustkorbs in Ostsachsen. Ziel ist die Patientenversorgung auf höchstem wissenschaftlichen und technischen Niveau durch die Etablierung hochmoderner Operations- und Diagnostikverfahren in Dresden“, sagt Prof. Schweigert. „Durch regelmäßige Sprechstunden können Patienten unkompliziert einen zeitnahen Termin bei den Spezia – listen des Universitätsklinikums erhalten.“ Die Thoraxchirurgie am Universitätsklinikum soll als festes Referenzzentrum etabliert werden. Wer eine zweite Meinung bei einer Falldiskussion an anderen Standorten braucht, soll künftig ohne Umschweife an Dresden denken. „Mit der Schaffung der Professur ist ein weiterer wichtiger Schritt auf diesem Weg gegangen.“

Fokus auf digitaler Komponente

Davon ist auch Professor Heinz Reichmann, Dekan der Medizinischen Fakultät der TU Dresden, überzeugt: „Mit Prof. Schweigert haben wir einen Impulsgeber, der überregional renommiert ist und mit seiner Arbeit den Fokus auf die digitale Komponente im OP lenkt“, sagt er. Gerade durch den Einsatz von robotergestützten OP-Techniken, eine der großen Stärken des thoraxchirurgischen Bereichs am Universitätsklinikum Dresden, sind Eingriffe möglich, die in Sachsen sonst nur in Leipzig durchgeführt werden. „Wir haben mit der robotischen Thoraxchirurgie ein echtes Alleinstellungsmerkmal in unserem Behandlungsspektrum“, erklärt der Chirurg, der in Erlangen studiert hat und die Facharztausbildung in Nürnberg absolviert hat. „Das sieht man auch an den jährlich steigenden Fallzahlen.“

Präzise und schonende Eingriffe

Es sind vor allem Operationen an der Lunge und im Mittelfellraum, die mit den hochmodernen Robotern des Da-Vinci- Operationssystems wesentlich genauer durchgeführt werden können. Gleichzeitig sind die minimal-invasiven Eingriffe im Vergleich zu konventionellen Methoden für den Patienten um ein Vielfaches kürzer und schonender. Der Roboter hat den Vorteil, dass er absolut bewegungsarm ist, was eine hohe Präzision ermöglicht. Drei der vier Arme des Roboters sind zudem mit auswechselbaren Spezialinstrumenten bestückt. Mit seinen Handbewegungen steuert der Operateur in Echtzeit die Arme sowie sieben Freiheitsgrade des Roboters. Das Gerät selbst kann also keine eigenständigen Bewegungen ausführen. Zudem bietet eine integrierte 3-D-Kamera eine wesentlich bessere Bildgebung. Die Bedienung des OP-Roboters verlangt allerdings Geschick und Erfahrung beim Operateur und beim begleitenden Team – ein Grund mehr für eine sachverständige Ausbildung des medizinischen Nachwuchses in der Thoraxchirurgie.

Tumormarkierung auch in den Randbereichen der Lunge

Ein weiteres innovatives Verfahren ist die elektromagnetische Navigationsbronchoskopie, die dank der mit hochmodernen Diagnostikgeräten ausgestatteten Hybrid-OPs am Uniklinikum Dresden durchführbar ist. Dabei wird dem OP-Team ermöglicht, auch Randbereiche der Lunge zu untersuchen und damit potenzielle Tumore zu lokalisieren, die bei der herkömmlichen Brustraumspiegelung unentdeckt bleiben. Eine Entdeckung, die über Leben und Tod entscheiden kann. Einmal markiert, kann der Tumor dann mit dem Roboter entfernt werden. Doch auf diesem Entwicklungsstand will man in der Thoraxchirurgie nicht stehenbleiben. Prof. Schweigert möchte die technischen Bedingungen am Uniklinikum nutzen, um die Lokalisation und Resektion kleiner Lungentumore weiter zu verfeinern. Die neugeschaffene Professur soll dafür Impulse geben.

Notwendige Kooperation

Ein wichtiger Baustein der Thoraxchirurgie am Universitätsklinikum Dresden ist zudem das 2018 gegründete Ostdeutsche Lungenzentrum (ODLZ). Wie notwendig die Bündelung der Kompetenzen ist, zeigt die Tatsache, dass Lungentumore bei an Krebs erkrankten Männern die häufigste und bei betroffenen Frauen die zweithäufigste Todesursache darstellen. Zudem stieg die Anzahl dieser Todesfälle in den vergangenen zehn Jahren um beinahe 20 Prozent, während die Zahl der Patienten, die wegen der Folgen des Rauchens stationär behandelt werden müssen, im gleichen Zeitraum um ein Drittel gestiegen ist. Umso wichtiger ist die zukunftsweisende Richtung, die Prof. Schweigert für die Behandlung von Patienten mit Lungentumoren einschlägt und die auch Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Uniklinikums, schätzt: „Professor Dr. Schweigert ist ein Thoraxchirurg, der schwerkranken Patienten zeitnah innovative Behandlungskonzepte zugänglich macht. Der von ihm forcierte Einsatz robotergesteuerter Operationsmethoden bei der Entfernung von Krebszellen und Metastasen in der Lunge passt gut in das Profil der Hochschulmedizin Dresden.“

Text: Philipp Demankowski

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