10 Jahre Netzwerk „Ärzte für Sachsen“

Erik Bodendieck, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer / Foto: SLÄK / FOTOGRAFISCH
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Anlässlich des Jubiläums sprachen wir mit dem Präsidenten der Sächsischen Landesärztekammer Erik Bodendieck.

Sehr geehrter Herr Bodendieck, an wen genau richtet sich das Netzwerk ,,Ärzte für Sachsen”?

Die größte Gruppe, an die sich das Netzwerk richtet, ist die der Studentinnen und Studenten. Es ist auch eine der wesentlichen Aufgaben des Netzwerks, über das Medizinstudium zu informieren. Die zweite Zielgruppe, an die wir uns mit der Netzwerkarbeit wenden, setzt sich aus den Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung zusammen. Für die künftigen und die jungen Ärzte wollen wir Perspektiven in Sachsen aufzeigen.

Welche Rolle spielt im Netzwerk das Zusammenspiel der unterschiedlichen Akteure in der sächsischen Gesundheits­land­schaft?

Generell muss man erst einmal festhalten, dass die verschiedenen Akteure im Gesundheitssektor sehr zielführend zusammenarbeiten. Auch wenn unterschiedliche Inte­ressenlagen bestehen, steht die Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung stets an erster Stelle. Diese gute Kooperation ist durchaus ein Alleinstellungs­merkmal im Vergleich zu anderen Bundesländern. Konkret haben wir im Netzwerk eine sogenannte Lenkungs­grup­pe geschaffen, die die Mitglieder der ärztlichen Selbstverwal­tung in Sach­sen repräsentiert. Da sind Kranken­kassen, Kliniken und Landesärztekammer genauso vertreten wie die zuständigen Ministerien, die Kassenärztliche Vereinigung sowie Landkreis- und Gemeindetage. 

Was ist die Aufgabe dieser Lenkungsgruppe?

Die Lenkungsgruppe entscheidet über die aktuellen Projekte des Netzwerks. Das können Infoveranstaltungen an den Unis, Touren mit Medizinstudierenden in die sächsischen Regionen oder Filme über die ärztliche Tätigkeit in gesuchten Fachgebieten sein. Sie versteht sich aber auch als Ideengeber für Maßnah­men zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung. Wir tagen regelmäßig, wobei jedes Mitglied seine Kompetenzen, aber auch die Anfor­derungen seines spezifischen Bereichs in den Dialog mit einbringt. Wir diskutieren dabei verschiedene Ansätze. So etwa die Satelliten­praxis, bei der Praxisräume in weniger gut versorgten Regionen eingerichtet werden, die von einem oder mehreren Ärzten unterschiedlicher Fachgruppen genutzt werden können. Auch Versorgungsalternativen wie Patientenbusse, mobile Praxen oder digitale Sprechstunden sind ein Thema. Die Diskussion ist unerlässlich, um das starke und mitunter auch starre Gesundheitssystem in Sachsen weiterzuentwickeln. Auch die Anpassung an unsere digitale Welt spielt natürlich eine wichtige Rolle. Diese Weiter­entwicklungen sind auch deshalb notwendig, weil die Ärztinnen und Ärzte heute andere Vorstellun­gen von ihrem Berufsleben haben als früher. 

Welche Vorstellungen sind das?

Die jungen Kolleginnen und Kollegen wollen im Team arbeiten. Die Zahl der angestellten Ärzte steigt überproportional, während es immer weniger niedergelassene Ärzte gibt. Die Bürokratie schreckt ab, genauso wie das traditionelle Arbeits­pen­sum. Mit der Vorstellung, wie ein niedergelassener Arzt 60 Stun­den in der Woche zu arbeiten, können sie sich verständlicherweise nicht mehr anfreunden. Die Ärztinnen und Ärzte nehmen heute ein geringeres Einkommen in Kauf, um mehr Zeit für die Familie und Freizeit zu haben. Das finanzielle Auskommen ist also nicht das Problem. Stattdessen sind Faktoren wie die verkehrstechnische Infrastruktur oder das kulturelle Angebot entscheidend. 

Mit welchen Aktivitäten will das Netzwerk dem Ärztemangel im ländlichen Raum entgegenwirken?

In erster Linie, indem wir Informations-Angebote bündeln, die wir über die Website, über unsere Social Media-Portale oder bei regelmäßigen Informationsveranstaltun­gen zur Verfügung stellen. Interessant sind da beispielsweise Auskünfte über die richtigen Förderprogramme, aber eben auch über die Infrastruktur vor Ort oder Arbeitsmöglichkeiten für den Partner. Dafür stehen wir in ständigem Kontakt mit den betroffenen Kommunen und Landkreisen. 

Wie bewerten Sie die medizinische Hochschulausbildung in Sachsen?

Wir haben in Sachsen leider nur eine begrenzte Zahl an Studienplätzen. Da sehen wir noch Potenziale. Zudem ge­ben wir seit vielen Jahren zu bedenken, ob der Numerus Clau­­sus noch ein tragfähiges Auswahlkriterium für den Studien­zugang ist, oder ob es nicht zusätzlich geeignetere Faktoren­ – wie soziale Kompetenz und Erfahrungen im medizinischen Bereich – gibt.

Inwieweit wird das Netzwerk nach dem Studium aktiv?

Grundlegend wollen wir darüber aufklären, welche Möglichkeiten für den medizinischen Nachwuchs exis­tieren, um in Sachsen in der Klinik oder in der Praxis zu arbeiten. Gleichzeitig wollen wir dazu motivieren, bei der Arbeits­platzwahl auch Regionen ins Auge zu fassen, die im Moment nicht mehr so gut versorgt sind. Dabei geht es beileibe nicht mehr nur um Haus­ärzte. Auch Fachärzte werden gebraucht.

Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung des Netzwerks ,,Ärzte für Sachsen”?

Unbedingt. Für mich hat das Netzwerk, das es in der Form übrigens in keinem anderen Bundesland gibt, absoluten Erfolgscharakter. Die angestoßenen Projekte erweisen sich als tragfähig. Das sieht man allein schon daran, dass Sachsen zwar eines der ältesten Bundesländer ist, wir aber im Vergleich die jüngste Ärzteschaft haben. Natürlich müssen wir den Ärztemangel weiterhin bekämpfen und Diskussionen anstoßen. Aber wir sind auf einem guten Weg.                                                   

www.aerzte-fuer-sachsen.de

Interview: Philipp Demankowski 

„Ärzte für Sachsen“ – Netzwerk mit 165 Partnern:
– 76 Krankenhäuser, Medizinische Versorgungszentren,
Praxen und Kooperationen
– 30 ärztliche Berufsverbände, medizinische Fachgesellschaften
und Verbünde
– 35 Städte, Gemeinden und Landkreise
– 5 Krankenkassen
– Medizinische Fakultäten der TU Dresden und der Universität Leipzig
(kleine Auswahl)

„Ärzte für Sachsen“ – Förderungen:
– Zentrale Inhalte der Netzwerkseite: Förderprogramme
(für Studenten, Ärzte in Weiterbildung und Fachärzte)
– Gelistet werden 140 sächsische Angebote
– Von der kostenlosen Unterkunft während der Famulatur über
Mentoringprogramme bis hin zum günstigen Bauland
für ärztliche Nachfolger in bestimmten Gemeinden
„Ärzte für Sachsen“– Movies:
Informationsfilme für die ärztliche Tätigkeit in Sachsen allgemein
oder für bestimmte Regionen bzw. Fachgebiete:

– „Arzt in Sachsen“
– „Allgemeinmediziner in Sachsen“
– „Ärzte für den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Sachsen“
– „Mein Weg zum Facharzt in Sachsen“
– „Ärzte für Sachsen – On Tour“
– „Berufsfeld Psychiatrie und Psychotherapie“
– „Weiterbildungsverbünde in Sachsen“
– „Netzwerk Ärzte für Sachsen“
– „Berufliche Perspektiven für junge Ärzte in Sachsen“ (in Produktion)

(Zu sehen auf der Netzwerkseite www.aerzte-fuer-sachsen.de und auf der Seite der Landesärztekammer www.slaek.de)

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