Dem Tumor auf der Spur

Leistungsfähige Magnetresonanztomographen (MRT) haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Neuroradiologie zu einem eigenständigen Schwerpunkt der Radiologie entwickelt hat. In der Kranken­versorgung profitieren zum Beispiel Patien­ten mit Hirntumoren von der Methode und ihren vielfältigen Möglich­keiten. Mit diesem Verfahren lassen sich nicht nur strukturelle Einblicke in das Gehirn erzielen, sondern auch Aussagen treffen zur Funktion von bestimmten Hirnarealen, zur Durchblutung des Gewebes sowie zur Konzentration von Stoffwechselprodukten im Verlauf krankhafter Prozes­se. Diese sogenannten Metabolite lassen sich mit der MR-Spektros­kopie darstellen und erlauben beispielsweise weiterreichende Aussagen über die individuelle Beschaffenheit von Hirntumoren.           

Impulse auch für die Hirnforschung

Neben der klinischen Patientenversorgung hat auch die Hirn­forschung durch die Magnetresonanztomographie (MRT) entscheidende Impulse bekommen. Zusätzlich zur Neurologie und Neurochirurgie sind es hier vor allem die psychiatrischen Fächer, die von diesem, die Probanden nicht belastenden Ver­fahren profitieren. Damit Wissenschaftler das Potenzial dieser Bildgebung optimal nutzen können, hat die Hochschul­medi­zin Dresden einen 3-Tesla-Magnetresonanz­tomogra­phen ausschließlich für Forschungszwecke in Betrieb genommen.

Exakter Nachweis von Tumoren

Dank der modernen Verfahren in der Neuroradiologie können Mediziner heute Hirntumore sehr gut diagnostizieren, anatomisch exakt lokalisieren und bereits nicht invasiv weitreichende Aussagen zur Art des Tumors treffen.

Detailreiche Darstellung von Hinstrukturen

Bei der MRT handelt es sich um eine sichere, nichtinvasive Unter­­­suchungsmethode, die ohne Röntgenstrahlen oder radio­aktive Substanzen auskommt. Starke Magnetfelder und Radio­wellen regen die Wassermoleküle im menschlichen Körper an. Daraufhin senden diese entsprechende Signale aus, die anschließend empfangen und sich mit Hilfe eines leistungsstarken Computers zu aufschlussreichen Bildern verarbeiten lassen. Dank der Veränderung bestimmter Messpara­meter durch die Neuroradiologen können das Gewebe unterschiedlich angeregt und verschiedene MRT-Sequenzen aufgenommen werden. So entstehen detailreiche Ansichten, die die komplexe Anatomie der Hirnstrukturen sehr genau darstellen. Andere Methoden, beispielsweise die auf Röntgen­strahlen beruhende Computer­tomographie, erlauben solche Untersuchungsergebnisse nicht in derselben Qualität.

Langfristige Partnerschaft mit Siemens

Mit einer langfristig angelegten strategischen Partnerschaft des Dresdner Uniklinikums mit Siemens Healthineers wurde Ende 2017 eine enge technische und inhaltliche Forschungs­koopera­tion für die gemeinsame Evaluierung und Weiter­entwicklung neuer Methoden der Bildgebung sowie neuer Therapieansätze vereinbart. Neben dem Schwerpunkt Tu­mor­forschung liegt ein weiterer Fokus des Uniklinikums im Bereich der neurologischen und psychiatrischen Erkran­kun­gen sowie der Vernetzung von neurowissenschaftlichen Arbeitsgruppen. Dafür existiert in der Hochschulmedizin Dresden eine einzigartige Konstellation eng zusammenarbeitender Institute – von der Kinder- und Jugend­psychiatrie über die Psychiatrie und Psychotherapie bis hin zur Neuro­logie, Neurochirurgie und Neuroradiologie.

Breite Studienpalette dank Forschungs-MRT

Das Institut für Neuroradiologie, das über insgesamt drei neue 3-Tesla-MRT-Systeme für klinische Untersuchungen und For­schungszwecke verfügt – darunter ab Herbst 2018 ein intraoperativer MRT im neuen Haus 32 – verspricht sich viel von der Zusam­menarbeit mit Siemens: „Das Universitäts­klinikum hat einen dezidierten Schwerpunkt in der Neuro­wissenschaft. Es ist unser Ziel, mit neuer Ausstattung und interdisziplinären Strukturen international noch sichtbarer zu werden“, sagt Instituts­direk­torin Prof. Dr. Jennifer Linn. Die Palette der dank des Forschungs-MRT initiierten wissenschaftlichen Projekte umfasst u.a. Studien zur Multiplen Sklerose, zu zerebrovaskulären Erkran­kungen und zur Un­ter­suchung von Therapieansprechen und Therapiefolgen mo­derner Krebstherapien. Da die Behandlung von Hirn­tumoren und -metastasen mit Medikamenten wie auch Strahlung nicht nur Krebsgewebe verändert, sondern auch gesundes Gewebe, ist es im Sinne einer verlässlichen Diag­nostik entscheidend, diese Unter­schiede erkennen zu können. Das ist dank der neuen Ausstattung möglich.

MR-Spektroskopie liefert biochemische Informationen

In den vergangenen Jahrzehnten erweiterte sich das Spektrum der neuro­radiologischen Diagnostik auf dem Gebiet der Tumor­diagnostik erheblich. Anfangs ließen sich mit dem MRT lediglich Form und Lage eines Tumors feststellen. Dank moderner MRT-Methoden, wie beispielsweise der Magnetresonanz-Spek­troskopie, ist es heute möglich, detailliertere Informationen zu der Tumorart und dem Grad der Bösartigkeit zu erhalten. Mit der MR-Spektroskopie lassen sich Stoffwechselvorgänge im menschlichen Körper beobachten. Im Ergebnis liefert der Tomo­graph jedoch keine Bilder, sondern biochemische Informationen in Form von sogenannten Metabo­li­tenmustern, die als Spektren dargestellt werden. Das Prinzip der Methode ist das gleiche wie das der MR-Bildgebung. Während die Neuroradiologen dort allerdings die Protonen des Wassers beobachten – sie haben einen Anteil von rund 60 Prozent am Körpergewebe – stehen bei der MR-Spektroskopie die Proto­nen bestimmter Stoffwechsel­pro­dukte – sogenannter Metaboli­ten – im Mittelpunkt. Die größte Herausforderung stellt deren vergleichsweise geringe Konzen­tration dar. Sie ist etwa 10.000 Mal kleiner als die der Protonen des Wassers. Deshalb ist es erforderlich, den MR-Scanner vor jeder Messung zusätzlich zu eichen.

Verhältnis der Metabolite weisen auf bestimmte Krankheiten hin

Durch die MR-Spektroskopie lassen sich Daten über die Konzentration einzelner Metabolite gewinnen, die im gesunden Gehirn in bestimmten Verhältnissen vorliegen. Weichen diese Konzentrationsverhältnisse von der Norm ab, kann dies Hin­weise auf ein ganz bestimmtes Krankheitsbild geben. Beispiels­weise kennzeichnet ein Rückgang von N-Acetyl­aspartat als neuronalem Marker den Untergang von Hirn­substanz. Die erhöhte Konzentration von Cholin hingegen weist auf Prozesse hin, bei denen ein erhöhtes Zellwachstum des Hirngewebes stattfindet, wie dies bei einem Tumor der Fall ist. Aktuelle methodische Verbesserungen erlauben es sogar, erste molekulargenetische Charakteristika von Glio­men, der häufigsten Form hirneigener Tumoren, in vivo nachzuweisen: Mit der sogenannten IDH-MR-Spektroskopie lässt sich ein Stoffwechsel­produkt nachweisen, das nur in einer Unterform der Gliome vorkommt. Diese speziellen Tumoren haben eine vergleichsweise bessere Prognose als die Gliome ohne diese Veränderung.                                       

Text: UKD

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