Optimale Betreuung bei Risikoschwangerschaften

links: Prof. Cahit Birdir / rechts: Prof. Mario Rüdiger / © UKD
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Bei Risikoschwangerschaften kommt es auf die engmaschige Versorgung durch Experten an. Am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bekommen Betroffene die bestmögliche Betreuung.

Auch wenn es wünschenswert wäre: Nicht für alle werdenden Mütter ist die Schwangerschaft komplikationsfrei. Sowohl für die Mütter als auch für die Babys bestehen mitunter Risiken, die am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden sehr effektiv eingedämmt werden können. Als einziges ostsächsisches Perinatalzentrum der höchsten Versor­gungs­stufe (Level 1) bietet die Klinik den Eltern die Sicherheit einer optimalen ärztlichen und pflegerischen Versorgung. Die gebündelte Expertise führt dazu, dass Patientinnen aus der gesamten Region Mittel- und Ostsachsen so­wie aus Süd­branden­burg nach Dresden kommen. „Die gute Nachricht ist, dass die meisten Schwan­ger­schaften unkompliziert verlaufen, so dass die Mütter ihre Schwan­gerschaft genießen können“, sagt Prof. Dr. med. Cahit Birdir, der leitende Oberarzt für Geburts­hilfe und Pränatal­diag­nostik. „Läuft doch nicht alles so, wie es soll, nehmen wir anhand von Anamnesedaten und Unter­suchungen eine personenbezogene Risikoabschätzung vor.“

Verschiedene Formen der Risikoschwangerschaften
Dabei gliedern sich die sogenannten Risikoschwangerschaften in verschiedene Typen. Eine der häufigsten Komplikationen ist die Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie), bei der Bluthochdruck zu Organversagen führen kann. „Leider gibt es bis heute keine Therapie, so dass meist eine Beendigung der Schwangerschaft durch Einleitung der Geburt oder Kaiser­schnitt in Betracht gezogen werden muss“, erklärt Prof. Birdir. „Eine neue Entwicklung ist aber, dass wir durch die personenbezogene Risikoabschätzung häufig in der Lage sind, die Schwangerschaftsvergiftungen durch die Therapie mit ASS bzw. Aspirin zu verhindern, bevor sie überhaupt erst auftreten.“ Ein anderes häufig vorkommendes Risiko sind Frühge­burten. „In Deutschland ist die Frühgeburts­rate im Vergleich zu anderen europäischen Län­dern relativ hoch, obwohl die medizinische Vor­sorge in der Schwangerschaft eigentlich exzellent ist“, sagt Prof. Birdir. „Das Problem ist, dass die Gründe für die Frühgeburten sehr unterschiedlich sind. Meist sind es Infektionen, aber auch eine Schwangerschafts­ver­giftung kann eine Frühgeburt verursachen.“ Bei der Therapie zählt jeder Tag. Die Kinder sollen so lange wie möglich im Mutterleib bleiben. Gleichzeitig darf das Risiko einer Schä­digung von Mutter oder Kind nicht zu hoch sein.

Schwangerschaftsdiabetes auf dem Vormarsch
Eine Ursache für eine Frühgeburt kann auch eine fetale Wachstumsrestriktion sein, bei der das Baby entweder zu langsam oder gar nicht mehr im Mutterleib wächst. Meist liegt dabei eine Plazentastörung vor. Wird sie bei der Risiko­ab­schätzung früh erkannt, kann eine fetale Wachstums­restrik­tion ebenfalls mit einer Aspirin-Therapie vermieden werden. Natürlich gibt es auch grundsätzliche Risikofaktoren wie ein hohes Alter der Mütter oder starkes Übergewicht, das häufig zu Schwangerschafts­diabetes, auch Gestationsdiabetes genannt, führt. „Diese Stoff­wechsel­erkrankung ist leider auf dem Vormarsch“, erklärt Prof. Birdir. Während die regelmäßige Vorsorge in Deutschland im Ab­stand von vier Wochen bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten geschieht, werden bei einem Risikofall die Experten vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus hinzugezogen. „In unserer Sprechstunde sehen wir die Patientinnen und betreuen sie gemeinsam mit den niedergelassenen Kollegen in unterschiedlich häufiger Frequenz bis zur Geburt. Je nach Risiko.“

Feto-Neonataler-Pfad sorgt für eine optimale Versorgung
Diese Mechanismen sollen durch den Feto-Neonatalen-Pfad noch verbessert werden, einem gemeinsamen Projekt der Uni­ver­sitätskliniken in Dresden und Jena mit der AOK Plus, BARMER, IKK, DAK und der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen und Thüringen. Der Pfad richtet sich an schwangere Frauen mit einem erhöhten Risiko für Schwangerschafts­vergiftung oder einer Wachstumsverzögerung des ungeborenen Kindes. Die Patientinnen erhalten eine engmaschige Betreuung bei niedergelassenen Frauenärztinnen und -ärzten bzw. Kinderärztinnen und -ärzten sowie durch Expertinnen und Experten in den Bereichen Pränatalmedizin, Geburtshilfe, Neonatologie und Psy­chologie am Universitätsklinikum Dresden. „Die Diagnose einer Risikoschwangerschaft ist eine große psychische Belas­tung“, sagt Prof. Birdir. „Da ist es nur folgerichtig, dass auch Psychologinnen und Psychologen bei der Betreuung hinzugezogen werden.“ Nach drei Jahren Projektdauer ist die Daten­aufnahme inzwischen abgeschlossen. Die Ergebnisse werden im Zentrum für Evidenz basierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) evaluiert. „Sollte die Wirksam­keit des Pfades nachgewiesen werden, wollen wir das Angebot deutschlandweit übertragen, analog zu den in Sachsen bereits etablierten Versor­gungsstrukturen“, sagt Prof. Mario Rüdiger, Di­rektor des Zen­trums für Feto-Neonatale Ge­sund­heit am Universitäts­klinikum.

Blick in die Milchküche / © UKD

Milchküche mit weniger Zulauf
Eine unerlässliche Einrichtung in der Perina­to­lo­gi­schen Station ist zudem die sogenannte Milch­küche. Ein Baby braucht Muttermilch, enthält sie doch viele wichtige Stoffe, die das Kind schützen und wachsen lassen. Ganz besonders wichtig ist sie für Früh­geborene und kranke Kinder, deren Mütter (noch) keine eigene Milch haben. „Die Muttermilch ist immer auf die Bedürf­nisse des Kindes eingestellt und auch entsprechend zusammengesetzt“, sagt Sabine Männchen, Pflegeleiterin der Peri­na­to­­logischen Station und seit 40 Jahren am Uniklinikum be­schäftigt. Weil eine Frühgeburt für Frauen oft eine traumatische Erfahrung sei, reagiere ihr Körper zunächst anders als bei einer normalen Geburt. Um die Zeit zwischen Geburt und Milch­produktion zu überbrücken, ist die gespendete Mutter­milch aber besser als alle Alternativen. „Muttermilch kann nicht komplett nachgebaut werden. Sie ist einzigartig.“ Mütter von Frühgeborenen sind also auf die Hilfe anderer Mütter angewiesen. Die Frauenmilchsammelstelle am Universitäts­klini­kum Carl Gustav Carus Dresden gehört zu den ältesten in Deutschland. Schon seit 1942 werden in der Kinder- und Frauen­klinik Muttermilchspenden entgegengenommen. Doch die Menge der Milch werde geringer. Wurden in der Zeit von 2013 bis 2021 jährlich zwischen 600 und fast 1.000 Liter Mutter­milch gespendet, waren es im vergangenen Jahr nur knapp 300 Liter. Sabine Männchen und ihr Team wünschen sich deshalb, „dass die Muttermilchspende genauso wichtig wird wie die Blutspende.“

Redaktion: Philipp Demankowski

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