DETECT: Digitales Screeningtool für mehr Organspenden

Dr. Anne Trabitzsch und Prof. Christian Hugo / Foto: © UKD/Thomas Albrecht
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Deutschland hinkt bei der Organspende im europäischen Vergleich hinterher. Das vom Universitätsklinikum Dresden entwickelte Screeningtool DETECT hilft dabei, die Situation zu verbessern. Es ist so wirksam, dass das Uniklinikum für sein besonderes Engagement im Organspendeprozess ausgezeichnet wurde.

Deutschland hat ein Problem mit seiner Organ­spen­de­kultur. Nur 44 Prozent der Menschen in Deutschland ha­ben laut aktueller Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ihre Ent­schei­dung zur Organ­spende in einem Organspende­ausweis oder in einer Patien­ten­ver­fügung dokumentiert. Unter Patientinnen im Krankenhaus liegt die Zahl sogar noch weitaus niedriger – bei 17 Prozent. Da ist es umso wichtiger, dass die wenigen Fälle, die sich für eine Organspende eignen, auch verlässlich identifiziert werden. Allzu oft geht diese Erkennung im angespannten Klinik-alltag unter. Das digitale Tool DETECT, das mit der elektronischen Patienten­ak­te gekoppelt wird, setzt genau da an. „DETECT kann im Gegensatz zum TransplantCheck-Sys­tem, die Patienten, die für eine Organ­spende in Frage kommen, auch vorausschauend identifizieren“, erklärt Dr. Anne Tra­bitzsch, die Transplan­tations­beauftragte am Universitäts­klini­kum Dresden. Das ist ein großer Vorteil gegenüber dem bisherigen obligatorischen, aber nur retrospektiven Standard der Deutschen Stiftung Organtransplantation.

Einsatz im Klinikum seit 2018 mit großem Erfolg
Bei DETECT werden wenige definierte Parameter erfasst, deren Erhebung und Dokumentation im Alltag einer In­ten­sivstation ohnehin obligat sind. Sie zeigen an, ob ein Patient möglicherweise einen irreversiblen Hirnfunktions­aus­fall (umgangssprachlich Hirntod) erleiden könnte. „Das bedeutet nicht, dass sich bei all den Detektionen letztendlich auch eine Organ­spen­de ergibt“, sagt Dr. Anne Trabitzsch. „Aber DETECT ermöglicht es den Transplan­ta­tions­beauftragten, sich auf die relevanten Fälle zu konzentrieren und diese fokussiert zu prüfen.“ Seit 2018 wird DETECT nun mit großem Erfolg am Universitätsklinikum Dresden eingesetzt. Seit der Einführung besteht kein Erken­nungsdefizit mehr bei Patienten, bei denen ein drohender oder manifester irreversibler Hirnfunktions­ausfall (Hirntod) vorliegt – das ist deutschlandweit nachweislich ein großes Problem.

Sukzessive soll das Tool nun auch in anderen Kranken­häu­sern implementiert werden, wobei die Voraussetzung eines digitalen Patientendatenmanagements (elektronische Akte) gegeben sein muss. Dank der Open-Source-Struktur kann DETECT datenschutzkonform an die verschiedenen Software­lösungen der jeweiligen genutzten elektronischen Patienten­akte der Kliniken angedockt werden, die die Kliniken für die elektronischen Patientenakten nutzen. Für das beständige Wer­ben und das Engagement beim Thema Organspende wurde das Uni­ver­sitätsklinikum Dresden Anfang Juli von der Deut­schen Stiftung Organtransplantation Region Ost ausgezeichnet.

Kulturwechsel benötigt
Dass sich die Organspende-Zahlen in Deutsch­land im europäischen Vergleich so schlecht darstellen, sieht Prof. Christian Hugo, der Leiter Neph­ro­­logie am Universitätsklinikum Dresden, in einer gesetzlichen, aber auch in einer kulturellen Schieflage be­gründet. „Es muss eine Kultur etabliert werden, die es als „Normalfall“ sieht, dass das Ziel einer Behandlung auch eine Organtransplantation sein kann, wenn dem Patien­ten nicht mehr geholfen werden kann“, sagt der ehemalige General­sekretär der Deutschen Transplantationsgesellschaft. Mit DETECT wurde nun ein Instrument geschaffen, das in diesem Sinne auch als Erinnerung für die Chance und Notwendig­keit der Organtransplantation dient. „Wir haben sehr gute Er­fahrung mit dem Tool gemacht“, bestätigt Prof. Christian Hugo. So wurde kein geeigneter Intensivpatient mehr übersehen, seitdem DETECT 2018 am Universitätsklinikum Dresden eingeführt wurde.

Redaktion: Philipp Demankowski

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