Weißdorn – Die Arzneipflanze des Jahres

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Die faszinierenden Kräfte des Weißdorns: „Wenn der Weißdorn blüht im Hag, so wird es Frühling auf einen Schlag“ besagt eine alte Bauernregel. So ist der Weißdorn auch den meisten Spaziergängern als Frühlingsbote an Wegesrändern bekannt: seine feinen, leuchtendweißen Blüten blühen von Ende April bis Mitte Mai und locken zahlreiche Insekten an. Wegen ihrer prächtigen Blüten und Früchte wird sie in Parks und Gärten gerne als Zierpflanze eingesetzt. Dass der hübsche Frühlingsblüher jedoch auch eine medizinische Wirkung hat, ist den wenigsten Betrachtern bekannt. Das könnte sich in diesem Jahr ändern, denn der Weißdorn wurde zur Arzneipflanze des Jahres gekürt.

Heil- und Arzneipflanzen wurden seit jeher zur Therapie von Krankheiten eingesetzt. Viele dieser Wirkungen und Verwendungsmöglichkeiten sind auch heute noch bekannt – andere sind in Vergessenheit geraten. Dieses wertvolle Wissen zu erhalten und für die heutige Medizin verwertbar zu machen, ist ein Ziel des Studienkreises Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde am Institut für Geschichte der Medizin an der Universität Würzburg. Jährlich bestimmt der Studienkreis daher eine Arzneipflanze des Jahres.

Dornröschens tiefer Schlaf – Mythenumrankte Heilpflanze

Der Weißdorn (lat. Crataegus), auch Hagedorn oder Heckendorn genannt, gehört zur Familie der Rosengewächse. Der dornige, 3-8 Meter hohe Strauch wächst in ganz Europa, nach wie vor überwiegend am Waldrand und an Hecken. Er kann bis zu sechshundert Jahre alt werden. Sein rötlich-weißes Holz ist außerordentlich hart und dauerhaft. Das Rosengewächs hat dreiteilige, glänzende Blätter in sattem, kräftigen Grün. Neben seinen heilenden und gesundheitsförderlichen Wirkungen ranken sich auch zahlreiche Mythen und Sagen um den Weißdorn: „Der Weißdorn war auch wegen seines leuchtenden Weiß und als Frühlingsbote eine positive Pflanze. Er galt als ein Wohnort für gute Feen. Z.B. auch das Dornröschen soll bei seinem hundertjährigen Schlaf von einer Weißdornhecke umgeben gewesen sein“, so Dr. Johannes Mayer vom Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg. Dieser schlaffördernden Wirkung des Weißdorns – in einigen Gegenden auch Schlafdorn genannt-, liegen zahlreiche Sagen zugrunde: so wurde der keltische Zauberer Merlin unter einem Weißdorn von der Fee Viviane in Schlaf versetzt, nachdem sie ihm seine Geheimnisse entlockt hatte. Der nordische Gott Odin stach die ihm ungehorsame Walküre Brünhilde mit einem Dorn des Weißdorns, worauf sie in einen tiefen Schlaf verfiel. Die Römer legten ihren Kindern Weißdornblätter ins Bett. Auch diente er im Volksglauben als Schutz- und Kraftpflanze, die gegen böse Geister und zur Abwehr von Krankheiten eingesetzt wurde. Auf dem Balkan wurde der Weißdorn an Häusern und Fenstern angebracht, um Vampire abzuhalten. Der Weißdorn galt den Kelten als magischer Hort der Elfen und Feen: stehen Eiche, Esche und Weißdorn nah beieinander, bilden sie einen magischen Ort, an dem sich Feen zeigen sollen. Die in heidnischer Tradition positiven Wirkungen der Pflanze wurden in der christlichen Überlieferung ins Gegenteil verkehrt: einer Legende nach soll die Dornenkrone Jesu aus Weißdorn bestanden haben und die Pflanze wurde somit als unheilbringend und tödlich assoziiert.

Foto: adobe.stock
Vorbeugung und Heilung

Allerdings ranken sich nicht nur Mythen und Sagen um den Weißdorn – er wurde seit der Antike als wirkungsvolles Heilmittel genutzt. Seine Kräfte sind vielfältig und stark: Man verwendete ihn gegen Durchfall und Bauchschmerzen, zur Blutstillung und gegen Herzschwäche. Als Herzmittel dient er immer noch: Weißdornextrakte helfen unter anderem bei Herzmuskelschwäche, bei Rhythmusstörungen und Durchblutungsstörungen des Gehirns. Die Pflanze, die die Zulassung als traditionelles pflanzliches Heilmittel hat, hilft auch gegen nervöse Herzbeschwerden, Stress und zur Vorbeugung einer Herzschwäche. Verwendet werden die Blätter und Blüten, beide enthalten spezielle sekundäre Pflanzenstoffe, Flavone und Gerbstoffe. Die Inhaltsstoffe stärken die Kontraktionskraft des Herzens und erweitern die Gefäße, wodurch der Herzmuskel besser mit Sauerstoff versorgt wird. Das Mittel gilt als gut verträglich und entfaltet seine volle Wirkung bei langfristiger Einnahme. Aktuelle Studien belegten die Wirksamkeit des Weißdorns in den Anwendungsgebieten rund um Herz und Kreislauf. Vor allem beim sogenannten Altersherz wird Weißdorn mit Erfolg eingesetzt. Auch zur Heilung auf der seelischen Ebene wird Weißdorn angewandt. Die rationale Phythotherapie setzt ihn zur Unterstützung bei Unruhe, Schlafstörungen, Angstzuständen und Depressionen ein. Die Behandlung mit Weißdornpräparaten ist nebenwirkungsarm und langfristig problemlos, ein weiterer Grund für seine Beliebtheit als traditionelles pflanzliches Heilmittel und vorbeugende Alternative.

Sanftes Schlafmittel: Weißdorn-Herzwein

Viele Hausmittel mit Weißdorn lassen sich auch einfach selbst herstellen. Beim nächsten Frühlingsspaziergang lohnt es sich also, einige frische Weißdornblätter und -blüten zu sammeln. Eine schmackhafte und natürliche Rezeptur für einen milden Schlaftrunk ist der Weißdorn-Herzwein, der der alten Weisheit folgt: „Ein kleines Herzmittel ist oft das beste Schlafmittel!“.

Für die Herstellung werden benötigt:

Zwei Teile Weißdornblätter, -blüten und -früchte, zwei Teile Zitronenmelissenkraut (sie wirken beruhigend und aufmunternd), und ein Teil Ysop (ein aromatisches Kraut aus dem Kräutergarten, das auch in der Küche verwendet wird). Heimisch ist es in Südeuropa und auch hier bei uns auf dem Markt erhältlich, es bringt die Würze in diesen Wein. Füllen Sie dies in ein Glas – es sollte etwa dreiviertel voll sein. Dann füllen Sie das Glas mit einem guten Rotwein auf und stellen es für drei Wochen an einen sonnigen Platz. Danach abseihen, abfüllen und den Herzweinlikör glasweise genießen.

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