Bessere Medizin im Visier
Das Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) am Uniklinikum Dresden liefert das Datenmaterial für die medizinische Versorgung der Zukunft. Dafür sorgt das Team von Zentrumsdirektor Prof. Dr. Schmitt.
Kein Zweifel: Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird die Versorgungsforschung immer wichtiger. Immer mehr Patientinnen und Patienten müssen von einer Medizin versorgt werden, die sich gleichzeitig immer rasanter entwickelt. Dabei gilt es, effiziente, ressourcenschonende und trotzdem qualitativ hochwertige Therapieprozesse zu etablieren. Das dafür notwendige Datenmaterial sammelt und analysiert das Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) am Universitätsklinikum Dresden. „Klinische Studien legen den Fokus sehr stark auf sogenannte einfache Interventionen, also meist Arzneimittel, anstelle von komplexen Interventionen wie Operationen oder Patientenschulungen“, erklärt Zentrumsdirektor Prof. Dr. med. Jochen Schmitt den Unterschied zu klassischen medizinischen Studien. „Im Rahmen der klinischen Studien werden oft ausgewählte Patientinnen und Patienten von den Ärzten mit sehr viel Zeit und häufigen Terminen behandelt. Das ist im hektischen medizinischen Alltag aber nicht so leicht möglich. Deshalb lassen sich die Ergebnisse oft nicht adäquat auf die Regelversorgung aller Patienten übertragen.“ Die Versorgungsforschung rückt dagegen primär die Behandlungsergebnisse in den Fokus und leitet auf Basis dieser Daten Versorgungskonzepte ab.
Vom Dermatologen zum Mann der Zahlen
Der Wert der Dresdner Versorgungsforschung wird auch an den Mitgliedschaften von Prof. Dr. Schmitt in verschiedenen Gremien deutlich. So ist er nicht nur geschäftsführender Vorstand des Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung e.V. (DNVF), sondern zudem Mitglied der Kommission von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach, die aktuell an der anstehenden Krankenhausreform arbeitet. Die Gründung des Zentrums 2012 geht zurück auf Ideen des Dermatologen, der beim Studium an der renommierten Johns Hopkins University zum ersten Mal mit der Versorgungsforschung in Kontakt gekommen ist. Nachdem er zunächst als Oberarzt an der Klinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Dresden arbeitete und bereits 2011 eine W2-Professur für Sozialmedizin und Versorgungsforschung an der Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus antrat, ließ ihn der Gedanke an eine Einrichtung, die sich speziell mit der Versorgungsforschung beschäftigt, nicht mehr los. Mit Unterstützung des medizinischen Vorstands des Uniklinikums Dresden, Prof. Dr. Michael Albrecht, der für die nötigen Ressourcen sorgte, wurde das Zentrum schnell etabliert und wächst sowohl hinsichtlich Studien- als auch Mitarbeitendenanzahl seitdem rasant.
Bessere Versorgung in zertifizierten Zentren
„Ein Glücksfall war dabei die frühzeitige Kooperation mit der AOK PLUS, die uns – natürlich völlig anonymisiert – Gesundheitsdaten zur Verfügung gestellt hat. Da kann man schon valide Schlüsse ziehen. Immerhin ist rund die Hälfte der Sachsen bei der AOK PLUS krankenversichert“, sagt Schmitt. Die Anwendungsbeispiele der Arbeit am Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung sind zahlreich. Eine vielbeachtete Studie beschäftigte sich etwa mit der adäquaten Verschreibung von Antibiotika bei Harnwegsinfekten. Und ein besonders prominentes Beispiel ist die jüngst veröffentlichte Studie zur Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren. Auf Basis von bundesweiten AOK-Abrechnungsdaten und Daten aus vier regionalen klinischen Krebsregistern inkl. des Dresdner Krebsregisters wurde ein Überlebensvorteil für Patientinnen und Patienten mit Krebs identifiziert, die in zertifizierten Zentren behandelt werden. Nun gilt es, die entsprechenden Schlüsse zu ziehen und die Akutbehandlung an zertifizierten Zentren weiter zu forcieren, wobei die Kliniken der Region natürlich miteinbezogen werden müssen.
Redaktion: Philipp Demankowski